Alhassane Baldé ist auf dem Weg nach Rio, Folge 41 Baldés Leistungsexplosion nach Plan

BONN · Müdigkeit, Vorfreude, Nervosität – wenige Tage vor seinem Abflug zu den Paralympischen Spielen ist der Bonner Rennrollstuhlsportler Alhassane Baldé hin und her gerissen. Das Ziel lautet Finale.

Kilometer bolzen für Rio: Alhassane Baldé während des Trainingslagers in der Schweiz. FOTO: LIZZIE WILLIAMS

Kilometer bolzen für Rio: Alhassane Baldé während des Trainingslagers in der Schweiz. FOTO: LIZZIE WILLIAMS

Foto: Lizzie Williams

Alhassane Baldé klingt ein wenig gequält. „Ich bin platt“, gibt der Bonner Rennrollstuhlfahrer unumwunden zu. Zwei Wochen lang hat er bis zur Erschöpfung Kilometer um Kilometer abgespult. Die Schweizer Nationalmannschaft und deren Superstar Marcel Hug hatten ihn als Sparringspartner in ihr Trainingslager eingeladen. Jetzt neigt sich die intensive Vorbereitungsphase auf die Paralympischen Spiele in Rio de Janeiro (7. bis 18. September) dem Ende zu und es folgen ein paar ruhigere Tage, bevor am Mittwoch sein Flieger Richtung Südamerika abhebt.

„Mehr kann man nicht machen“, sagt der 30-Jährige zufrieden. Denn die Müdigkeit ist gewollt – aus ihr zieht Baldé die Hoffnung auf eine Leistungsexplosion. „Superkompensation“ nennen das die Sportler. Nach einer Phase harten Trainings folge eine Ruhephase, nach der wiederum das Leistungsniveau dann über den Ausgangspunkt ansteigen soll, erläutert der Leichtathlet. Danach – das wäre dann bei den Paralympics.

Lediglich zwei Wettkämpfe bestritt Baldé in den vergangenen Wochen, als Formcheck sozusagen. Mit Hug machte er das Tempo bei den Schweizer Juniorenmeisterschaften. Am Donnerstag startete er außerdem beim 1500-Meter-Einlagerennen beim Diamond-League-Meeting in Lausanne. „Das war noch einmal eine gute Gelegenheit zu testen“, findet er, obwohl viele andere Topfahrer abgesagt hatten. Vor 15 000 Zuschauern rollte er als Zweiter hinter Hug über die Ziellinie. „Ich freue mich, dass ich nach dem Trainingslager noch Reserven hatte“, sagt er.

Jetzt schwankt Baldé zwischen Vorfreude auf Rio und Nervosität. „Ich habe ein gutes Gefühl“, fügt der Sportler, der für die Schwimm- und Sportfreunde (SSF) Bonn startet, hinzu. „Ich bin zwar noch nicht zu 100 Prozent wettbewerbsfähig, aber auf Augenhöhe.“ Die Form stimme, das Material auch. Sein Sport habe sich in den vergangenen Jahren durch das Engagement mehrerer Autohersteller technisch extrem weiterentwickelt, auch wenn Deutschland da nicht im Fokus liege, sagt Baldé.

Im Gegensatz zu seinen US-amerikanischen Konkurrenten habe er zum Beispiel keinen Carbonrennrollstuhl. Aber immerhin neue Carbonräder. Denn er ist eigens für einen Tag nach England geflogen, um sein Gefährt beim Hersteller generalüberholen zu lassen und auch Ersatzteile wie Keramikkugellager zu besorgen. Jetzt muss er eigentlich nur noch Koffer packen, dann geht's los. „Ich freue mich auf Brasilien, das Umfeld und spannende Rennen. Das ist eines der größten Sportereignisse, Dabeisein ist schon das Größte“, sagt er. Es sind seine dritten Spiele, so ist er auch gespannt, wie sich alles weiterentwickelt hat – auch wenn sie wohl nach allem, was er bei Olympia gesehen habe, nicht an London heranreichen würden. Ausgerechnet die Qualifikation für England hatte Baldé ganz knapp verpasst.

In Tagträumen stellt sich der Bonner Rennrollstuhlfahrer schon manchmal vor, dass er im Paralympicsfinale gemeinsam mit den Stars seiner Sportart an der Startlinie steht. Denn so lautet sein Ziel: Bei seinen drei Wettkämpfen über 800, 1500 und 5000 Meter will er es jedes Mal in den Endlauf schaffen – da sei dann alles offen. Am letzten Tag der Spiele folgt dann noch der Marathon, da gibt es jedoch keine Vorkämpfe.

Über Medaillenambitionen will Baldé genauso wenig reden wie sein Trainer Alois Gmeiner, auch wenn der über seinen Schützling sagt: „Das ist die beste Form, die er jemals hatte.“ Er freue sich lieber hinterher, falls es trotz der großen Konkurrenz mit einem Podestplatz klappen sollte, fügt der Bonner Coach zaghaft hinzu.

Baldés Wettkämpfe:

Die XV. Paralympischen Spiele in Rio de Janeiro dauern vom 7. bis zum 18. September. Insgesamt mehr als 4000 Athletinnen und Athleten aus knapp 180 Nationen treten in 23 Sportarten an. Insgesamt gibt es 528 Wettbewerbe.

Alhassane Baldé startet am Freitag, 9. September, um 23 Uhr MESZ mit dem Vorlauf über 5000 Meter in die Wettbewerbe. Das Finale ist für Samstag ab 15.18 Uhr angesetzt. Außerdem tritt der 30-Jährige über die 1500 Meter (Vorlauf am Montag, 12. September, ab 17.22 Uhr/ Finale am Dienstag ab 23.21 Uhr) und die 800 Meter (Vorlauf in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ab 00.07 Uhr/Finale am Donnerstag ab 17.08 Uhr) an. Der Marathon zum Abschluss ist für Sonntag, 18. September, 17.30 Uhr angesetzt.

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