Interview mit Christian Eichner "Probleme mit der Systematik"

Zur Passivität aus taktischen Gründen vom Trainer verurteilt, wurde Christian Eichner häufig unschuldig zum Sündenbock. Im Gespräch mit dem GA schaut der Linksverteidiger des 1. FC Köln zurück, hofft aber auf die Zukunft.

 Christian Eichner nimmt den Ball an.

Christian Eichner nimmt den Ball an.

Foto: dpa

Herr Eichner, bevor wir den Blick auf die aktuellen Dinge richten, sei eine Rückschau erlaubt.
Christian Eichner: Ich habe den Eindruck, dass unsere Fans keine Vorstellung davon hatten, was in der letzten Saison innerhalb des Teams passiert ist. Wir Spieler hatten alle unsere Probleme mit der Systematik von Solbakken. Wir haben im letzten Jahr häufig dagesessen und gesagt: Wir wissen nicht, was wir taktisch spielen sollen. Irgendwann habe ich mich dann darin verloren, war nicht mehr der, der ich in der Rückrunde zuvor unter Frank Schaefer war.

Aber Stale Solbakken wies stets darauf hin, mit seinem Spielsystem dänischer Meister in Serie geworden zu sein.
Eichner: In der Bundesliga ist es aber meines Erachtens schwierig, damit auf Dauer Erfolg zu haben. Hier wird es für jeden Linksverteidiger schwer, wenn ein Angreifer mit Tempo auf ihn zukommt und er nur passiv stehen und ihn erwarten soll. Es war ja kein Eichner-Problem bei uns. Jeder hätte sie gehabt.

Wie reagierte Solbakken Ihnen gegenüber darauf?
Eichner: Zwei Beispiele: Nach dem 0:3 in Berlin war ich seiner Aussage nach der beste Mann auf dem Platz. Zwei Wochen später beim 2:3 in Bremen habe ich die genau gleichen Verhaltensweisen an den Tag gelegt, bin nicht vogelwild durch die Gegend gerannt. Trotzdem war er der Meinung, dass ich taktisch viel verkehrt gemacht hätte. Da wusste ich nicht mehr, was richtig oder falsch war. Es gab keine Konstanz, und darin habe ich mich selbst verloren.

Verunsicherung machte sich also breit.
Eichner: Ja. Der Trainer hat von uns Dinge verlangt, die für uns gänzlich neu waren. Es war das Gegenteil von dem, was man als Fußballer instinktiv machen wollte.

Haben denn Sie, Kapitän Geromel und andere Spieler nicht mit ihm über die Problematik gesprochen?
Eichner: Das war es ja. Wir sind vorstellig geworden und haben es angesprochen. Aber der Trainer hat uns kurz und knapp zu verstehen gegeben, dass wir seinem System vertrauen sollen.

Haben Sie das alles inzwischen aufarbeiten können?
Eichner: Ja, schon. Ich habe mir darüber im Urlaub noch einmal viele Gedanken gemacht. Jetzt schaue ich nur noch nach vorne, auch wenn es nicht ganz so leicht ist, die Spielgewohnheiten aus der Vorsaison völlig auszuschalten. Ich ertappe mich ab und zu dabei, dass ich noch den Rückwärtsgang einlege, den Raum zumache, statt den Gegner anzulaufen und unter Druck zu setzen.

Dieses Attackieren wurde ja hier im Trainingslager täglich geübt.
Eichner: Das ist jetzt unser Spiel. Die Fans sollten sich daran erfreuen, dass da wieder eine Mannschaft Fußball spielt, die drauf geht. Zudem herrscht durch die jungen Spieler eine ganz andere Mentalität.

Zum Saisonende läuft Ihr Vertrag aus. Würden Sie verlängern wollen, oder wohin geht die Reise?
Eichner: Das ist noch völlig offen. Ich habe mich zunächst sehr gefreut, weiterhin hier sein zu dürfen. Es ist auch deshalb schön, noch dabei zu sein, weil sich jetzt wirklich etwas bewegt. Das kölsche Phänomen, bei dem Änderungen angekündigt werden, dann aber doch alles beim Alten bleibt, gab es diesmal nicht. Es reizt mich, den Leuten zeigen zu dürfen, was ich wirklich kann. Aber irgendwann möchte ich auch noch einmal zum Karlsruher SC, dahin, wo für mich alles begann.

Das kann man doch auch noch mit 32 Jahren.
Eichner: Naja, ob ich mit 32 noch Profifußball spielen möchte, ist die andere Frage. Das letzte halbe Jahr hat mir schon zugesetzt. Wenn man den Anruf bekommt, dass ein Polizeiauto zum Schutz vor der Wohnung steht, wird es schon bedenklich. Das hat mich schon schockiert.

Zur Person

Christian Eichner wurde am 24. November 1982 in Sinsheim geboren. Erste Stationen seiner Profikarriere waren der Karlsruher SC (2005 - 2009) und die TSG 1899 Hoffenheim (2009 - 2010). Seit 2011 spielt Eichner für den 1. FC Köln.

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