1. FC Köln Kölner ergeben sich ohne Not

KÖLN · Wie ein Strafgang wird so manchem FC-Profi am Samstagabend der Besuch der Weihnachtsfeier des Vereins vorgekommen sein. Nach Feiern war keinem zumute nach der 1:2-Heimniederlage gegen den FC Augsburg.

Mit hängenden Köpfen verließen die Fußballer die Arena, mit gezwungen leidlich guter Miene, ihren Frauen und Freundinnen das "In-die-Kameras-Lächeln" überlassend, betraten sie das Festlokal, den Wartesaal am Dom.

Gewartet hatten die Kölner bereits am Nachmittag die gesamte zweite Halbzeit lang - auf die entscheidenden Treffer des Gegners. Geradezu selbstzerstörerisch gaben sie das Spiel trotz verdienter Führung aus der Hand.

Vom Wiederanpfiff weg zeigten sie keine Gegenwehr mehr, verharrten in Lethargie und ließen sich von ansteckender Angst beschleichen. "Wir haben die zweite Halbzeit ohne Selbstvertrauen begonnen, als würden wir mit 0:3 in Rückstand liegen", beschrieb Kevin Wimmer die Ausgangslage treffend.

Der vor der Pause selbst noch so resolut auftretende Innenverteidiger ließ sich von der allgemeinen Apathie anstecken und leistete sich in der 90. Minute einen verhängnisvollen Fehltritt. Per Seitfallzieher versuchte er den Ball zu klären, trat vorbei, so dass der eingewechselte Alexander Esswein einschießen konnte. Dabei fälschte Mergim Mavraj den Ball so ab, dass er genau am Torpfosten vorbei unhaltbar einschlug.

"Vor dem Ausgleichstreffer haben wir den Ball auch schon abgefälscht. Wir haben bestimmt schon sieben, acht Tore auf diese Weise kassiert", ärgerte sich Timo Horn über den Treffer von Nikola Djurdjic (53.). Das sei sehr bitter, "aber daran lag es nicht, dass wir verloren haben. Dafür war entscheidend, dass wir zu wenig getan haben".

Das erzürnte auch Peter Stöger, der nach dem Spiel im Kabinengang seine Kritik an der Mannschaft nicht länger zurückhalten konnte und feststellte: "Es reicht nicht aus, darauf zu warten, dass die Spielzeit vergeht. Das ist zu wenig!"

Dabei hatten die Gastgeber vor 48 500 Zuschauern zunächst schwungvoll begonnen. Bereits nach knapp 100 Sekunden kam Dusan Svento frei zum Schuss, zielte aber über das Tor. Besser machte es Tony Ujah in der 13. Minute, als ihm nach schöner Vorlage von Pawel Olkowski der Führungstreffer gelang.

Nach seinem fünften Saisontreffer zog er sein Trikot hoch und deutete auf das Unterhemd mit der selbst verfassten Aufschrift: "Eric Garner #Can't breathe #Justice", auf Deutsch: "Eric Garner. Ich kann nicht atmen. Gerechtigkeit". Damit zeigte er sein Mitgefühl für die Hinterbliebenen des Asthmatikers, der durch einen verbotenen Würgegriff eines Polizisten in New York zu Tode gekommen war. Der Polizist wurde nicht angeklagt.

In der ersten Halbzeit zum Spiel mussten die Kölner beklagen, dass sie zu fahrlässig mit ihren Torchancen umgingen. Pawel Olkwoski (30.), erneut Tony Ujah (38.) und Jonas Hector (42.) boten sich die besten Möglichkeiten zur 2:0-Führung. "Wir mussten das zweite Tor machen. Dann wären wir wohl nicht in die Situation gekommen, die wir nach der Pause erlebten", haderte Timo Horn. So aber bekamen seine Kollegen keinen Zugriff mehr auf den Gegner, zogen sich zurück, statt zu attackieren. Lediglich der eingewechselte Thomas Bröker, der zu seinen ersten Bundesligaminuten kam, sorgte mit zwei erkämpften Ecken sowie einem Freistoß an der Strafraumecke mit seinem Einsatz und Schwung für ein kurzes Strohfeuer. Schnell aber kroch die Angst wieder hoch in die Köpfe der Kollegen.

Seine Spieler hätten den Glauben an ihre Fähigkeiten verloren, klagte Peter Stöger, der bereits vor Wochen festgestellt hatte, dass seine Mannschaft an einem guten Tag in der Lage sei, fast jeden Gegner zu bezwingen, ebenso aber gegen jeden verlieren könne, wenn nicht alles abgerufen würde. Das war gegen Augsburg der Fall. Für ihn war es erstmals auch eine mentale Schwäche. So wurde der Besuch von Werner Zöchling, der eigentlich der Weihnachtsfeier geschuldet war, zu einem ernsten Einsatz. Der Teamentwickler wird versuchen mitzuhelfen, die Blockade in den Spielerköpfen zu lösen.

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