Buhmann, Liebling, Reizfigur Harald "Toni" Schumacher wird 60

KÖLN · Aufrecht, ehrlich und umstritten: Der frühere Weltklassetorwart Harald "Toni" Schumacher wurde von den Fußball-Fans geliebt oder gehasst. Das brutale Foul im WM-Halbfinale 1982 gegen den Franzosen Patrick Battiston machte ihn zu einer internationalen Reizfigur.

Mit dem Buch "Anpfiff" wurde er zum Buhmann der Nation. Streichen würde er diese Kapitel aus seiner Biografie aber nicht. "Im Gegenteil. Ohne diese Dinge wäre ich nicht Toni Schumacher. Die gehören genauso da rein", sagte der "Tünn", der am Donnerstag 60 Jahre alt wird.

Der Zusammenprall mit Battiston in der Nacht von Sevilla, bei dem der Franzose zwei Zähne verlor und mit einer Gehirnerschütterung vom Platz getragen werden musste, schürte im Nachbarland das Bild vom hässlichen Deutschen. "Das gehört auch zu meinem Leben", sagt Schumacher, dessen Entschuldigung von Battiston akzeptiert wurde.

Der Vizeweltmeister von 1982 und 1986 sowie Europameister von 1980 sagte aber nicht nur Pardon, sondern verblüffte Battiston mit einer weiteren Kostprobe der Aufrichtigkeit. "Ich muss Dir auch sagen, wenn der Ball heute noch mal gespielt würde, wäre ich schon unterwegs, weil ich überzeugt war, den Ball kriege ich", erzählt Schumacher.

Überhaupt kein Blatt vor den Mund nahm er in seinem 1987 veröffentlichten Buch "Anpfiff", in dem er Mitspieler attackierte und Doping zum Alltagsproblem der Bundesliga erklärte. "Das Buch musste geschrieben werden. Ich wollte es zu meiner aktiven Zeit tun und habe es bewusst gemacht", erklärt Schumacher. "Der Preis war hoch und ich habe dafür bezahlt, aber das ist nun mal Toni Schumacher."

Nach der Veröffentlichung des Skandalbuches wurde er in der Nationalmannschaft nach 76 Länderspielen suspendiert. Auch beim 1. FC Köln feuerte man ihn: Nach 422 Pflichtpartien, dem Gewinn der deutschen Meisterschaft (1978) sowie drei DFB-Pokalsiegen (1977, 1978, 1983). "Vor 25 Jahren haben sie mich in Köln rausgeschmissen, nach 15 Jahren beim FC", sagt Schumacher, der im April 2012 Vizepräsident des Clubs wurde. "Da haben sie mir damals ein Stück von meinem Herzen rausgerissen. Das ist jetzt alles vergessen."

Aus dem einstigen Mann und Torwart mit vielen Fehlgriffen ist eine Respektsperson geworden, der man als Mitgestalter des Zweitliga-Spitzenreiters 1. FC Köln Anerkennung zollt. Zusammen mit Präsident Werner Spinner und Markus Ritterbach hat er Ruhe in den zuvor als ganzjährigen Karnevalsclub bekannten Verein gebracht. "Ich bekomme viel Feedback von ganz normalen Menschen, die mich ansprechen und sagen: Hut ab, was ihr in der kurzen Zeit geschafft habt", berichtet Schumacher.

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