1. FC Köln 2:1 in Karlsruhe - Ein Sieg der Moral

KARLSRUHE · Nein, an Vergleichbares konnte sich niemand erinnern. "Ich habe schon viel im Fußball erlebt und von so mancher Kuriosität gehört, aber so etwas ist neu für mich", sagte Peter Stöger, der Trainer des 1. FC Köln, während Sportchef Jörg Schmadtke mit dem ihm eigenen trockenen Humor meinte, vielleicht seien die Tore in Karlsruhe kleiner als daheim in Köln.

Denn die FC-Profis verbuchten im Wildparkstadion gleich vier Aluminiumtreffer, verschossen zwei Elfmeter (das gab es beim FC letztmals am 14. November 1984 beim 1:5 gegen Mönchengladbach), gerieten in Rückstand, um am Ende doch zu gewinnen.

"Wir glauben an uns. Deshalb haben wir auch noch gewonnen", brachte es Miso Brecko auf den Punkt. Der Kapitän war es, der den Ball in der 90. Minute im Fallen und angeschossen von einem Gegner zum 2:1-Siegtreffer ins Tor der Karlsruher stolperte.

Was auf den ersten Blick nach einem Zufallsprodukt aussah, erwies sich bei genauerem Hingucken als Ausdruck eines gewachsenen Selbstbewusstseins und trotz ungenauen Zielens als fußballerische Weiterentwicklung. Wie von Stöger und Schmadtke erhofft, ist die Kölner Mannschaft dabei, einen Reifeprozess zu durchlaufen. So war es für den Trainer ein gutes Zeichen, dass die Spieler bei allen negativen Begleitumständen bis zum Schluss versucht hätten, spielerisch zum Erfolg zu kommen. Statt mit Gewalt den Torerfolg zu suchen, hätten sie gezielt immer wieder in die Spitze gespielt.

"Normalerweise ist man in der Halbzeit geknickt, wenn man drei Mal am Aluminium gescheitert ist und zwei Elfmeter verschossen hat. Wir waren es kurioserweise nicht", unterstrich Marcel Risse die gestärkte Moral. Statt in der 40. Minute seinen sechsten Saisontreffer zu erzielen, knallte er den Ball nach einem Foul an Tony Ujah vom Elfmeterpunkt an die Latte.

[kein Linktext vorhanden]200 Sekunden später zeigte Schiedsrichter Felix Zwayer erneut auf den Elfmeterpunkt, weil ein Karlsruher den Ball bei einem Freistoß von Patrick Helmes an den angelegten Oberarm bekommen hatte. Eine Fehlentscheidung. Aber nicht aus Fairness, sondern "weil ich es zu genau machen wollte", schoss Patrick Helmes an den linken Pfosten. Den hatte er bereits nach zehn Minuten erstmals getroffen, und dieses Kunststück wiederholte Tony Ujah per Kopfball in der 56. Minute.

Kurioserweise lag der FC zu diesem Zeitpunkt in Rückstand, weil Koen van der Biezen bei einer Hereingabe den Ball vor Timo Horn erwischte. "Ich hätte dem Ball entgegengehen müssen", haderte der Torhüter mit sich selbst.

Statt den Kopf hängen zu lassen, verstärkten die Gäste ihre Offensivbemühungen (24:7 Torschüsse) noch. Dabei wirkte sich die Hereinnahme von Slawomir Peszko wieder einmal als belebendes Element aus. In der 59. Minute spielte er den Ball exakt nach innen, wo Patrick Helmes zum 1:1 ins Nylonnetz traf. Als Miso Brecko kurz vor dem Abpfiff der Siegtreffer gelungen war, blieb Stöger fast stoisch ruhig und begründete später: "Ich bin eben ein eher langweiliger Typ."

Vor und nach dem Spiel war die Polizei gegen bis zu 150 FC-Fans vorgegangen. Während die Kölner von überzogenen Maßnahmen und Provokationen seitens der Polizei sprachen, warf die einzelnen Personen Sachbeschädigungen und Angriffe gegen Beamte vor.

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