Spickzettel und Tagebuch - So fällt Studenten Lernen leicht

Berlin · Die einen büffeln bergeweise Bücher - und haben kurz darauf fast alles wieder vergessen. In der Prüfung stehen sie dumm da. Die anderen schaffen es gar nicht erst, sich aufzuraffen. Morgen ist ja auch noch ein Tag, flüstert der innere Schweinehund zu. Richtig lernen will gelernt sein.

 Wenn Studenten das erste Mal vor den Regalreihen in der Bibliothek stehen, kann ihnen schnell schwindelig werden - mit der richtigen Lernstrategie schaffen sie es aber, den Stoff zu bewältigen. Foto: Markus Scholz

Wenn Studenten das erste Mal vor den Regalreihen in der Bibliothek stehen, kann ihnen schnell schwindelig werden - mit der richtigen Lernstrategie schaffen sie es aber, den Stoff zu bewältigen. Foto: Markus Scholz

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Es ist wie verhext mit dem Lernen: Die passende Strategie beim Pauken zu finden, bereitet vielen Studenten Kopfzerbrechen. Die wichtigsten Tipps im Überblick:

Lernen 2.0: Es reicht nicht, sich bloß den Stoff stumm durchzulesen und passiv aufzunehmen. Vielmehr müssen Studenten aktiv an die Sache herangehen. So hilft es, Texte mit eigenen Worten zusammenzufassen und Fragen zu stellen. Viele üben aber zu wenig, den Stoff wiederzugeben, hat der Lernexperte und Buchautor Martin Krengel aus Berlin beobachtet. Dadurch bleibt weniger bei ihnen hängen. Und sie sind schlecht auf die Prüfungssituation vorbereitet.

Spickzettel machen: Spickzettel können auch im Studium sinnvoll sein - nicht, um sie in die Prüfung zu schmuggeln, sondern zur Vorbereitung. Dazu fassen Studenten die Inhalte für eine Prüfung so weit zusammen, dass sie auf eine DIN-A4-Seite passen, empfiehlt Krengel. Das hat einerseits einen Lerneffekt. "Und es gibt Sicherheit." Denn es ist ein einprägsames Bild, das Studenten sich in der Prüfung vor Augen führen können.

Alles so schön bunt hier: Dinge zu unterstreichen und farbig zu markieren, bringt dagegen wenig, erklärt der Lernforscher Prof. Frank Fischer von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Denn Studienanfänger neigten schnell dazu, zu viel anzustreichen, und am Ende ist der ganze Text bunt.

Wir müssen reden: "Erzählen Sie einmal Ihrer Mutter, was sie gerade an der Uni machen", rät Reiner Laue von der Lernwerkstatt in der Zentralen Studienberatung der Universität Stuttgart. Das ist eine gute Übung. "Und wenn sie es nicht gleich kapiert, liegt das nicht an Ihrer Mutter." Studenten müssten es dann eben einfacher erklären - egal, ob es um komplexe Dinge in der Luftfahrttechnik oder Medizin geht.

Feste Arbeitszeiten: "Routine ist der Feind des inneren Schweinehunds", meint Krengel. Es kann daher helfen, sich feste Lernzeiten einzurichten - zum Beispiel wie ein Arbeitnehmer von 9.00 bis 17.00 Uhr in die Bibliothek zu gehen. Wenn Studenten sich dort dann noch mit anderen zum Lernen verabreden, schafft das zusätzlich Verbindlichkeit.

Mehr als fünf bis sechs Stunden netto sollten Studenten sich nicht vornehmen, sagt Krengel. Dann sei Feierabend - und Zeit, sich mit etwas Schönem zu belohnen. Ein typischer Fehler sei es dagegen, im Lernstress auf Treffen mit Freunden und Sport zu verzichten. Denn sie schaffen den inneren Abstand, der nötig ist. Und ohne sie werden Studenten mit der Zeit immer gestresster.

Pausen machen: Stundenlang durchzuarbeiten, ist nicht effektiv. Daher sollten Studenten regelmäßig Pausen einlegen. Nach 45 bis spätestens 90 Minuten ist der Speicher voll. "Gerade wenn es ums Auswendiglernen geht, ist weniger mehr", erklärt Krengel. Wer etwa als Medizinstudent die Anatomie des Menschen lernen muss, sollte eher alle 20 bis 30 Minuten 5 Minuten pausieren. Dann empfiehlt es sich, zur Abwechslung ein paar Liegestütze oder den Abwasch zu machen.

Damit der Stoff hängenbleibt, muss man ihn ab und zu außerdem sacken lassen. Daher braucht das Gehirn zwischendurch auch mal längere Auszeiten. Als Faustregel empfiehlt Prof. Fischer, hierfür zehn Prozent der verbleibenden Lernzeit bis zur Prüfung einzuplanen. Durch solche Phasen zum Verarbeiten des Stoffs steigt die Chance, dass man ihn sich längerfristig merkt.

Abwechslung schaffen: Immer dasselbe zu lernen, ist auf Dauer öde. Laue empfiehlt daher unterschiedliche Themenblöcke für das Tagesprogramm. So könnten BWL-Student etwa erst ein wenig Statistik und danach Makroökonomie pauken. Ein inhaltlicher Block besteht am besten aus zwei Einheiten à 45 Minuten. Zu Beginn halten sie kurz fest, was sie im anstehenden Block erreichen wollen. Solche kleineren Einheiten sind auch gut für die Motivation: Denn Studenten sehen eher ihre Lernerfolge, wenn sie sich kleine Etappenziele setzen und dann auch erreichen, erklärt Laue.

Wiederholen: Damit man den Stoff länger speichert, ist es wichtig, ihn zu wiederholen. "Sonst hat man nach rund einer Woche 80 Prozent vergessen, was eine riesige Zeit- und Kraftverschwendung ist", erklärt Laue. Die erste Wiederholung sollte es nach 12 bis 24 Stunden geben. Dazu können Studenten sich den Stoff auch auf dem Weg zur U-Bahn oder an der Supermarktkasse noch einmal durch den Kopf gehen lassen. "Oder man verabredet sich mit einem Freund abends zum Telefonieren und erzählt sich gegenseitig, was man von der letzten Lerneinheit noch weiß."

Tagebuch führen:Klingt altmodisch, hilft aber: ein Lerntagebuch zu führen. Darin tragen Studenten kontinuierlich Dinge ein, die sie durchgenommen haben, erklärt Anke Görres von der Lernwerkstatt der Zentralen Studienberatung an der Universität Oldenburg. Dazu schreiben sie Fragen, die sich ihnen stellen, und Beispiele, die sie damit verbinden. Wichtig dabei: nicht nur Stichpunkte schreiben, sondern ganze Sätze. "Sonst behält man das nicht." Wer mag, kann auch Fotos, Zeichnungen oder ähnliche Dinge hineinkleben.

Hilfe bei Aufschieberitis: Morgen, morgen, nur nicht heute - sich zum Lernen aufzuraffen, fällt vielen anfangs schwer. Krengel empfiehlt dann den Zehn-Minuten-Trick, um die erste Hürde zu überwinden. Der geht so: Studenten nehmen sich vor, bloß zehn Minuten für ein Fach zu lernen. "Das klingt nicht so bedrohlich." So kommt man in Schwung - und will danach in der Regel gar nicht aufhören.

Ablenkungen vermeiden: Surfen, E-Mails, SMS - gerade beim Lernen am Laptop gibt es etliche Dinge, die einen vom Lernen abhalten. Um das zu vermeiden, rät Krengel: Handy aus, WLAN abschalten und ein Schild "Bitte nicht stören" an die Tür vom WG-Zimmer hängen. Musik ist seiner Erfahrung nach dagegen kein Tabu. Im Gegenteil: Sie könne sogar förderlich sein, wenn es nicht gerade Metal oder deutscher Rap ist. So gebe es etwa CDs mit spezieller Konzentrationsmusik. Er listet auf seiner Webseite passende Playlisten auf.

Literatur:

Hans-Werner Rückert, Schluss mit dem ewigen Aufschieben: Wie Sie umsetzen, was Sie sich vornehmen, Campus, 311 Seiten, 18,99 Euro, ISBN-13: 978-3593501482

Eberhardt Hofmann u.a., Erfolgreich Lernen: Effiziente Lern- und Arbeitsstrategien für Schule, Studium und Beruf, Hogrefe, 232 Seiten, 24,95 Euro, ISBN-13: 978-3801724702

Martin Krengel, Bestnote: Lernerfolg verdoppeln, Prüfungsangst halbieren, Eazybookz, 256 Seiten, 15,95 Euro, ISBN-13: 978-3941193666

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SQR3-Lesemethode (pdf)

Lesetechnik SQR3Beim Lernen kommt es auf die richtige Technik zur Textbearbeitung an. "Nur Lesen ist zu wenig", erklärt Anke Görres von der Lernwerkstatt der Universität Oldenburg. Studenten müssen vielmehr lernen, einen Text richtig auszuschlachten. Eine effektive Lesemethode ist die SQR3-Technik von Francis Robinson. Die Abkürzung steht für die einzelnen Schritte beim Bearbeiten eines Textes.

Zuerst verschaffen sich Studenten einen Überblick ("Survey"), indem sie sich Inhaltsverzeichnis und Überschriften sowie Vorwort und Zusammenfassung anschauen. Dann notieren sie sich Fragen ("Questions") an den Text. Dadurch gehen sie mit einer klaren Zielsetzung an ihn heran. Danach folgen die drei "R"-Punkte: Nach dem Lesen ("Read") kommt das Rekapitulieren ("Recite"), bei dem Studenten das Wichtigste noch einmal zusammenfassen. Am Schluss wiederholen sie das Gelernte ("Review") und vergewissern sich, dass sie alles wirklich verstanden haben.

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