Reifendrucksensoren machen Winterräder teuer

München/Bonn · Viele neue Autos haben inzwischen ein Reifendruckkontrollsystem an Bord, ab November ist das Pflicht. Gut für die Verkehrssicherheit und die Umwelt. Doch der Wechsel auf Winterräder kann dadurch für Autobesitzer überraschend teuer werden.

 Wächter am Ventil: Bei direkt arbeitenden Reifendruckkontrollsystemen steckt in jedem Reifen ein Sensor. Foto: Schrader

Wächter am Ventil: Bei direkt arbeitenden Reifendruckkontrollsystemen steckt in jedem Reifen ein Sensor. Foto: Schrader

Foto: DPA

Auf viele Neuwagenbesitzer kommen im Herbst Kosten zu, mit denen sie womöglich nicht gerechnet haben. Wer sich in den vergangenen Monaten ein neues Auto gegönnt hat und dafür noch einen Satz Winterräder braucht, muss bedenken: Ist das Fahrzeug mit einem Reifendruckkontrollsystem (RDKS) ausgestattet, das mittels Sensoren in den Reifen den Luftdruck überwacht, brauchen auch die Winterpneus diese Messtechnik. Und die ist nicht billig.

Ab November 2014 ist ein direkt oder indirekt messendes RDKS für die Zulassung von Neuwagen Pflicht. Der Hintergrund: Die automatische Überwachung des Reifendrucks soll dem Umwelt- und Unfallschutz dienen.

Fahrzeuge mit schlaffen Schlappen verbrauchen nämlich wegen des erhöhten Rollwiderstands mehr Kraftstoff als mit korrekt aufgepumpten Reifen - bei 0,5 bar Minderdruck laut ADAC bis zu 0,4 Liter auf 100 Kilometer. Und die Gummis verschleißen schneller, der Bremsweg wird länger und der Reifen hat weniger Grip bei Nässe. Außerdem leidet die Fahrstabilität, und es sind Reifenschäden möglich. Bei hohem Tempo auf der Autobahn kann das dramatische Folgen haben. Diese Risiken für Autofahrer und Nebenwirkungen für die Umwelt sollen die Reifenwächter minimieren. Denn die regelmäßige Druckkontrolle an der Tankstelle wird von Fahrzeughaltern häufig vernachlässigt.

Beim Kauf der ersten Winter-Kompletträder für den Neuwagen wundern sich viele Fahrzeughalter über die Kosten. Haben sie ein direkt arbeitendes RDKS, das fortlaufend Messwerte aus allen vier Reifen ans Fahrzeug übermittelt - fallen neben den üblichen Kosten für Felgen und Reifen noch jene für die Anschaffung und Montage der zusätzlichen Sensoren an. Organisationen wie ADAC und TÜV Süd gehen bei einem Radsatz von 250 bis 300 Euro für die Sensoren plus etwa 50 Euro für Einbau und Programmierung in einer Fachwerkstatt aus.

Davor bleiben diejenigen verschont, deren Wagen über ein indirekt arbeitendes RDKS verfügt. "Aber das sind die wenigsten, fast alle Autobauer setzen bei ihren Modellen auf direkt messende Systeme", sagt Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des Bundesverbands Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV). Indirekt arbeitende RDKS vergleichen die Raddrehzahlen über die Sensoren des Antiblockiersystems (ABS) und andere ohnehin schon im Fahrzeug steckenden Messgeräte. Sie sind allerdings ungenauer und unzuverlässiger als Systeme mit eigenen Sensoren, die im Reifeninneren im Bereich des Ventils angebracht sind.

Die Sensoren einfach weglassen, können Besitzer von Autos mit direkt messendem RDKS nicht. "Als das RDKS noch nicht Bestandteil der Kfz-Typzulassung war, konnte man es zum Beispiel für den Betrieb mit Winterrädern noch abschalten. Das ist jetzt nicht mehr erlaubt und nicht mehr möglich", sagt Ruprecht Müller vom ADAC Technik Zentrum. Kommen keine Messdaten in der Bordelektronik des Autos an, hat der Fahrer permanent eine Fehlermeldung im Cockpit vor der Nase.

Auch die Reifen von Saison zu Saison auf einem Felgensatz hin- und herwechseln zu lassen, ist auf Dauer teurer als ein zusätzlicher Satz RDKS-Sensoren. "Außerdem leiden Felgen und Reifen sehr darunter", gibt Müller zu bedenken.

Prinzipiell sei es aber möglich, die mit dem Neuwagen mitgelieferten Sensoren in andere Reifen einzupflanzen. Und so lautet die einzige Lösung zur Vermeidung von Extrakosten durch das RDKS: Ganzjahresreifen fahren. "Die sind aber immer nur ein Kompromiss", betont ADAC-Experte Müller. Gerade im Winterbetrieb kämen sie nicht an die Leistung guter Saisonreifen heran. Anstatt auf Kosten der Sicherheit zu sparen, rät Müller bei der Anschaffung von Winterrädern und RDKS-Sensoren zum intensiven Preisvergleich. "Bei Reifenhändlern werden Kunden da meist besser wegkommen als in Vertragswerkstätten." Bei den Sensoren seien Autobesitzer in der Regel nicht auf teure Originalteile der Fahrzeughersteller angewiesen.

Zu lange warten, sollte man mit der Anschaffung nicht. "Wer RDKS-Sensoren für seine Winterräder braucht, geht besser kein Risiko ein und kümmert sich möglichst frühzeitig darum", rät Müller. Denn wenn Frost oder Schnee erst einmal da sind, akzeptiert die Polizei keine Entschuldigungen: Dann sind wintertaugliche Reifen ein Muss.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort