Kurven und ultraviele Pixel: Das bringen die neuen Fernseher

Berlin · Riesen groß oder kurvig - sogenannte Ultra-HD- und Curved-Fernseher mit ultrahoher Auflösung und gekrümmtem Display werden überall angepriesen. Sie sollen neue Impulse setzen. Doch bislang fehlt das Filmangebot für die Pixelperformance der Geräte. Lohnt sich ein solches Gerät überhaupt?

 Wer einen TV mit Kurve wählt, muss mit hartnäckigeren Reflexionen rechnen, sagen Experten. Foto: Andrea Warnecke

Wer einen TV mit Kurve wählt, muss mit hartnäckigeren Reflexionen rechnen, sagen Experten. Foto: Andrea Warnecke

Foto: DPA

80 Jahre nach der Geburtsstunde des Fernsehens stehen wieder einmal die TV-Geräte im Fokus der Elektronikmesse IFA (Besuchertage: 4. bis 9. September). Nach Angaben der GfK wurden im vierten Quartal des vergangenen Jahres bereits 17 Prozent des Umsatzes im TV-Markt mit Ultra-HD-Geräten erzielt - Tendenz steigend. Für Verbraucher stellt sich die Frage: Schon jetzt in Ultra HD (UHD) investieren, oder reicht noch Full-HD-Auflösung?

"Wer ein großes TV-Gerät in ein kleines Zimmer stellen will, sollte UHD nehmen", rät Peter Knaak von der "Stiftung Warentest". Der Grund: "Auf kurze Distanz kann ein normalsichtiger Mensch oder Brillenträger die Pixelstruktur des HD-Displays sehen, nicht aber die feinere Struktur eines UHD-TVs." Denn der bietet mit 3840 mal 2160 Pixeln ein Vielfaches der Bildpunkte eines Full-HD-TVs. Das feinere UHD-Raster sehe bei größeren TVs in kleinen Zimmern einfach besser aus.

"Abgesehen von diesem Effekt ist UHD unsinnig, wird sich auf Dauer aber nicht vermeiden lassen", sagt Knaak. "Salopp gesagt: Die Anbieter bauen diese Fernseher, damit der Absatz großer Modelle steigt." Die UHD-Auflösung sei nur bei einem ungewohnt kurzen Sehabstand sichtbar, bei dem der Zuschauer jedoch - wie in der ersten Reihe mancher Kinos - ständig den Kopf drehen müsse, wenn außerhalb der Bildmitte etwas passiert.

Bei einem 65-Zöller mit einer Diagonalen von 165 Zentimetern sei die volle Auflösung nur bis zu einem Sehabstand von 1,25 Metern sichtbar. Alles im Blick hat der Zuschauer Knaak zufolge jedoch nur, wenn er zwei Meter vom Gerät entfernt sitzt. Doch aus dieser Distanz sei UHD nicht mehr erkennbar.

Florian Friedrich vom Heimkino-Magazin "audiovision" plädiert dagegen für den Kauf eines Fernsehers mit der neuen Technik: "Wir befinden uns mittlerweile schon in der zweiten bis dritten Generation der UHD-Fernseher. Die Hersteller richten inzwischen viele Neuentwicklungen auf UHD aus." Bei Full-HD-Fernsehern bekomme man deshalb immer seltener das beste Preis-Leistungsverhältnis.

Oft handele es sich bei UHD-Einstiegsmodellen schon um wirklich gute Geräte. Die Stärken dieser Displays könne man mit Bildern der Digitalkamera testen, die fast alle die zwei Megapixel eines Full-HD-Fernsehers um ein Vielfaches überbieten. "Die Wiedergabe von Digitalfotos mit acht Megapixeln auf dem UHD-Fernseher ist ein Vorteil, den jeder sofort erkennen kann." Gute 55-Zoll-Geräte von Markenherstellern gebe es bereits für weniger als 1000 Euro. Die noch größeren UHD-Topmodelle kosteten aber auch schnell 5000 Euro.

Man sollte darauf achten, dass der UHD-Fernseher die Schnittstelle HDMI 2.0 und den Kompressionsstandard HEVC (H.265) an Bord hat, rät Knaak. "Erste UHD-TVs waren diesbezüglich eine Mogelpackung, was den Käufern wegen damals fehlender UHD-Quellen nicht auffiel." Restbestände dieser "Prototypen" seien noch im Verkauf.

Curved-TVs hält Florian Friedrich bis zu einem gewissen Grad für reine Geschmacksache. "Bei Curved-Modellen müssen Radius der Kurve und Betrachtungsabstand in einem sinnvollen Verhältnis stehen." Die gekrümmten Displays sollten mindestens eine Diagonale von 65 Zoll aufweisen, "damit die geometrischen Verzerrungen nicht komisch wirken und das Seherlebnis trotzdem einhüllend ist".

Als großes Problem gekrümmter TVs stuft Knaak Spiegelungen von Lampen oder Fenstern ein, die hier deutlich präsenter seien als auf flachen Displays. "Reflexionen von Lichtquellen scheinen bei Bewegungen des Zuschauers auf der Mattscheibe mitzuwandern", erklärt der Warentester. Das sei bei flachen TVs kein Problem, weil sich hier der Reflex genauso schnell und so weit bewegt wie der Kopf des Zuschauers.

Das Gehirn erkenne die "Bewegung" des Reflexes als selbstverursacht und könne diese ausblenden. Anders bei Curved-TVs: "Auf der gebogenen Mattscheibe läuft der Reflex schneller als die eigene Kopfbewegung", so der Experte weiter. "Das löst einen Alarm im Gehirn aus und lenkt die Aufmerksamkeit auf den Reflex." Als Ausweg empfiehlt er gedimmtes Licht oder den Ausschluss von Lichtquellen.

Mit den ersten Ultra-HD-Blu-rays und Abspielgeräten rechnet Florian Friedrich zum Weihnachtsgeschäft. Als nächste Entwicklungen prognostiziert er Fernseher mit bisher ungesehen hohen Spitzenhelligkeiten, die auch in hellen Räumen ein enormes Kontrastverhältnis erlauben, sowie erweiterte Farbräume und High Dynamic Range (HDR), also ein Bild mit extrem hohem Dynamikumfang.

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