Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Ein Fahrradsimulator für Sankt Augustin

SANKT AUGUSTIN · Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg eröffnet neues Institut "Visual Computing"

Fahrsicherheitstraining der Zukunft.

Fahrsicherheitstraining der Zukunft.

Foto: Privat

Wer viel am Computer arbeitet, merkt oft nicht, dass er eigentlich eine kurze Pause braucht. Wäre es nicht ideal, wenn der Computer erkennen könnte, dass der Benutzer überarbeitet ist und ihm das auch mitteilt?

Klingt unrealistisch? Keineswegs. Mitarbeiter und Studenten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg haben ein Verfahren entwickelt, das genau das macht: Der Körper eines jeden Menschen sendet Signale über sein Wohlbefinden aus. Ein Programm kann diese Signale erkennen und verarbeiten. Wenn der Nutzer vor dem Bildschirm also beispielsweise besonders hohen Blutdruck hat, sagt der PC etwa: Stop! Mach mal Pause!

Das Zauberwort heißt "Visual Computing". Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg hat jetzt ein Institut gegründet, um dieses Forschungsgebiet intensiver zu bearbeiten. "Visual Computing beschäftigt sich mit der Generierung und Analyse von Bildern", erklärt André Hinkenjann, einer der Direktoren des neuen Instituts. Die Experten und Studenten verschiedener Fachrichtungen entwickeln beispielsweise Software, die Gesichter erkennt und Persönlichkeiten zuordnen kann. Oder sie erarbeiten Simulationen, die Architekten zeigen, wie ein erst noch zu bauendes Haus aussehen könnte.

"Damit greift das Institut ganz aktuelle Entwicklungen der Gesellschaft auf", meint Hartmut Ihne, Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Gleichzeitig sei die Institutsgründung gelebte Interdisziplinarität. Denn nicht nur Informatiker sind willkommen. Philipp Slusallek zum Beispiel, Professor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken, hat ursprünglich Physik studiert. Heute fühle er sich allerdings nicht mehr als Physiker, denn "Visual Computing ist eigentlich immer interdisziplinär", erklärt er. Ein aktueller Forschungsschwerpunkt des Instituts ist beispielsweise die Autostereoskopie. Dabei versuchen die Experten Verfahren zu entwickeln, mit denen es möglich ist, 3D-Filme ohne Brille anzusehen.

Wie praxisnah die Forschung des Instituts sein kann, zeigt auch ein hier entwickelter Fahrradsimulator. Dabei sitzt der Benutzer auf einem am Boden befestigten und verkabelten Fahrrad und schaut auf einen vor ihm aufgebauten großen Bildschirm. In die Pedale treten, mit dem Lenker steuern, bremsen - alles wie auf einem richtigen Rad. Auf dem Bildschirm ist allerdings eine komplexe Simulation zu sehen, in die der Fahrradfahrer eintaucht, ganz ähnlich wie ein Computerspiel. Eine ganze Stadt inklusive Straßenverkehr baut sich um einen herum auf. Fährt man zu weit in der Mitte der Straße, hupen die Autos dahinter. Kommt ein Wagen aus einer Seitenstraße geschossen, muss man schnell bremsen. "Solche Simulationen dienten bereits als Fahrsicherheitstraining für Schüler", erzählt David Scherfgen, der an dem Projekt mitgearbeitet hat. Der Vorteil liegt vor allem darin, dass Schüler sich recht realistisch, dafür aber ungefährlich auf ungewohnte Verkehrssituationen vorbereiten können.

Zur Zeit wird bereits an einem noch komplexeren Nachfolgeprojekt gearbeitet. Dabei sollen die Autofahrer in der Simulation unterschiedliche Persönlichkeiten haben und zum Beispiel schneller oder langsamer die Geduld im Verkehr verlieren. Geplant ist auch, dass sich in der Kurve etwa das Rad wie im wirklichen Leben neigen soll. Doch das ist noch die Zukunft.

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