Projektträger am Bonner Bogen "Wir sind die Möglichmacher"

Bonn · Im sprichwörtlichen Elfenbeinturm hat ein Forscher heute keine Chance mehr. Wissenschaftler arbeiten häufig in fachübergreifenden Teams und benötigen für ihre Arbeit öffentliche Mittel. Damit diese auch richtig eingesetzt werden, gibt es Projektträger.

 Damit die medizinische Versorgung im südlichen Afrika besser wird, organisiert der Bonner Projektträger Forschernetzwerke.

Damit die medizinische Versorgung im südlichen Afrika besser wird, organisiert der Bonner Projektträger Forschernetzwerke.

Foto: dpa

Einer der großen Projektträger in Deutschland ist beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) angesiedelt. Knapp 1000 Mitarbeiter betreuen ein Fördervolumen von einer Milliarde Euro. Die Organisation mit Hauptsitz am Bonner Bogen nahe der Südbrücke setzt Programme verschiedener Ministerien fachlich und organisatorisch um. Gerade beziehen Mitarbeiter ein neues Bürogebäude an der Heinrich-Konen-Straße.

Im Auftrag der Bundesministerien sind Projektträger für die Projektbegleitung und -abwicklung verantwortlich. Zu den Hauptaufgaben der Projektträger gehören die Beratung der Antragsteller, die Vorbereitung von Förderentscheidungen sowie die Projektbegleitung und Erfolgskontrolle.

"Wir sind spezialisiert auf Forschung, Innovation und Bildung", sagt Klaus Uckel, seit 1. Januar Leiter des Projektträgers. Die Mitarbeiter verwalten die Fördermittel und organisieren die Ausschreibungen nicht nur, sondern machen vor allem Wissenschaftsmanagement und beraten. "Die Forschungsförderungsgelder müssen effizient eingesetzt werden." Die Mitarbeiter hätten die Aufgabe, das Beste aus den Projekten herauszuholen. "Dem Steuerzahler gegenüber stehen wir in der Verantwortung", so Uckel.

Als ein Beispiel für die Tätigkeit seines Hauses nennt Uckel den Aufbau von Gesundheitsforschungsnetzwerken in den Ländern des südlichen Afrikas im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Hier geht es sowohl um bedrohliche Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, aber auch um Krankheiten wie Krebs oder Diabetes, die auch in den Entwicklungsländern zunehmende Bedeutung haben. Die 50 Millionen Euro teure Initiative werde von seinen Mitarbeitern betreut. Alle Projekte werden von afrikanischen Wissenschaftlern koordiniert. Deutsche Universitäten sind Partner.

Ein weiteres Beispiel ist das Nationale Bildungspanel, im internationalen Vergleich eine der größten Studien für Bildung im Lebenslauf, ebenfalls finanziert vom Bundesbildungsministerium. Dabei geht es auch um Themen wie soziale Ungleichheit oder die Rolle von Lernumwelt für den Bildungserfolg.Insgesamt befragen und testen Wissenschaftler etwa 60 000 Menschen und verfolgen ihre Bildung langfristig. Dafür haben sich Wissenschaftler aus 14 verschiedenen Orten zusammengeschlossen. Dass dieses Netzwerk so erfolgreich gelungen sei, sei auch dem Einsatz der Mitarbeiter seines Hauses zu verdanken, so Uckel. Die Entwicklung komplexer Förderstrukturen sei wie ein kniffliges Rätsel. Das Projekt habe rund 85 Millionen Euro gekostet.

"Es gab jahrzehntelange Debatten darüber, ob Forschungsinvestitionen direkte gesellschaftliche Relevanz besitzen", sagt Uckel. Heute sei aber unumstritten, dass Forschungsinvestitionen eine direkte Wirkung auf den sozialen Wohlstand und den Arbeitsmarkt einer Gesellschaft ausüben. Für ein Land wie Deutschland, das kaum Rohstoffe besitze, sei Wissen sehr wichtig. "Wir tragen dazu bei, dieses Wissen zu heben."

Die Tätigkeit der Projektträger ist vertraglich geregelt. Sie sind zur Verschwiegenheit und Wahrung der Wettbewerbsneutralität verpflichtet. Viele Projektträger sind bei öffentlichen Forschungszentren angesiedelt. Die Nähe sei bewusst gewählt worden, um den wissenschaftlichen Sachverstand nutzen zu können, so Uckel: "Wir sind die Möglichmacher."

Zu den Aufgaben des Projektträgers gehört auch die Beratung der Politik: Es gehe darum, Entscheidungsgrundlagen zu liefern: Welche Förderinstrumente sollen gewählt werden? Bei wichtigen politischen Themen werde beraten, wie die Förderung gestaltet werden soll. "Der Projektträger ist ein Transmissionsriemen zwischen der Politik und der Forschung."

Der DLR-Projektträger unterstützt die Bundesregierung auch bei der Forschungs-Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Es geht beispielsweise darum, länderübergreifende Kooperationen voranzutreiben.

Die Bundesregierung hat vor vier Jahren die Projektträgerschaften in den Wettbewerb entlassen. Die Ministerien machen Ausschreibungen, was ein Projektträger können und machen soll. "Ich betrachte es als große Chance, weil wir uns unternehmerischer organisieren können." Über Rahmenverträge mit den Ministerien kümmert sich seine Organisation um 8000 bis 9000 Projekte im Jahr. "Wir können sehr nahe an den Projekten sein. Das kann ein Ministerium nicht leisten", so Uckel.

Er bedauert es, dass Forscherkarrieren in Deutschland oft zu früh abgebrochen werden, weil es häufig lediglich Zeitverträge gibt. Das sei beim DLR-Projektträger anders: 80 Prozent der Arbeitsverträge seien entfristet. "Wir sind ein wichtiger Arbeitgeber für Wissenschaftler geworden." Von den fast 1000 Mitarbeitern seien an jedem Tag bestimmt 300 bis 400 unterwegs: "Das ist das Spannende an den Arbeitsplätzen hier."

Die Bundesregierung hat das Ziel der EU, dass die Ausgaben für Forschung und Entwicklung drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen sollen, nahezu erfüllt. 2,85 sind es derzeit. Die Parteien sind sich einig: Es läuft gut in der Forschungsförderung. Internationale Konzerne wie Hewlett-Packard, General electric oder Gore hätten Forschung in Deutschland angesiedelt. "Deutschland ist durch sein Forschungsfördersystem sehr attraktiv geworden."

In einem Video wird das Projekt auf der Internetseite des DLR vorgestellt.

Zur Person

Klaus Uckel ist seit 1. Januar Leiter des Projekträgers beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Zuvor hat er im Bundesministerium für Bildung und Forschung gearbeitet. Der Jurist war dort zuletzt Leiter des Grundsatzreferats der Internationalen Abteilung. Schwerpunkte seiner bisherigen Arbeit waren die Projektförderung des Bundes, das lebenslange Lernen und über viele Jahre die europäische und internationale Zusammenarbeit. Der 53-Jährige ist verheiratet, hat ein Kind und lebt in Alfter-Gielsdorf.

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