Fragen und Antworten Was sich für Kunden bei Lebensversicherungsverträgen ändert

KÖLN · Demnächst tritt die Reform bei der Lebensversicherung in Kraft, durch die unter anderem die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven geändert wird.

 Umbau: Zwei Handwerker wechseln an der Fassade einen Teil des Schriftzuges aus.

Umbau: Zwei Handwerker wechseln an der Fassade einen Teil des Schriftzuges aus.

Foto: dpa

Und weil die gekürzt werden könnte, fragen sich Versicherte, ob sie nicht vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen sollen. Die Verbraucherzentrale NRW warnt aber vor voreiligen Kündigungen.

Was sind Bewertungsreserven?

Bewertungsreserven entstehen, wenn Anlagen in ihrem Wert seit dem Kauf gestiegen sind. Das kann etwa bei Immobilien der Fall sein oder bei Aktien, besonders häufig derzeit aber bei Anleihen. Alte Anleihen bieten aus heutiger Sicht hohe jährliche Zinszahlungen. Selbst mehr als sechs Prozent pro Jahr sind drin.

Entsprechend begehrt sind sie, und wer sie erwerben will muss, abhängig von der Restlaufzeit, deutlich mehr als den Ausgabekurs von vielleicht 100 Euro zahlen. Die 2000 ausgegebenen 30-jährigen Bundesanleihen notieren etwa bei Kursen jenseits von 150. Je näher aber das Laufzeitende rückt, desto eher nähert sich der Kurs aber wieder den 100 Euro, die der Besitzer in den Beispielen 2030 dann auch erhält.

Was geschieht mit den Reserven?

An diesen Bewertungsreserven müssen die Lebensversicherer die Kunden beteiligen. Ausscheidende Kunden werden zur Hälfte an den Bewertungsreserven von Aktien oder Immobilien beteiligt. Die hälftige Beteiligung an den Bewertungsreserven bei Anleihen können die Versicherer aber kürzen, wenn sie im Falle einer Ausschüttung nachweislich Probleme bekommen, ihre Zinsversprechen zu erfüllen.

Würden die Reserven ausgeschüttet, argumentieren die Versicherer, gehe dies zu Lasten der Kunden, deren Verträge erst in einigen Jahren fällig werden. Viele alte Lebensversicherungen haben schließlich noch einen Garantiezins von bis zu vier Prozent, den die Versicherer bei Kapitalanlagen derzeit nur schwer erzielen können.

Lohnt eine schnelle Kündigung der Verträge?

Möglicherweise könnten sich Kunden so höhere Bewertungsreserven sichern. Wahrscheinlich ist es dafür aber schon zu spät, weil das Gesetz in Kraft treten sollte, bevor die Kündigung wirksam wird. Selbst bei einem in Kraft treten Ende August kommt eine Kündigung nicht mehr rechtzeitig.

Die Kunden sollten aber ruhig einmal bei ihrem Versicherer nachfragen, wie er es mit Kündigungen hält, rät die Verbraucherzentrale. Ob sich einen Kündigung lohnt, hängt überdies vom Einzelfall ab. Generell raten die Verbraucherschützer von übereilten Kündigungen ab. Zum einen gebe es keinen Zwang zur Kürzung der Beteiligung. Insofern sei unklar, ob die Unternehmen davon Gebrauch machen. Denn dann müssten sie auch die Ausschüttung an ihre Aktionäre kürzen.

Trifft die Kürzung alle Reserven?

Nein, ausgenommen sind nicht nur die Bewertungsreserven bei Aktien oder Immobilien, auch die Mindest- oder Sockelbeteiligung ist nicht von der Neuregelung erfasst. Sie wird von den Versicherern am Jahresanfang für das Gesamtjahr deklariert. "Die Sockelbeteiligung an den Bewertungsreserven bleibt also für 2014 bestehen", heißt es beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Sie bezieht sich auf sämtliche Bewertungsreserven und wird auf jeden Fall ausgezahlt. Der Kunde erhält sie sogar, so der Branchenverband GDV, wenn die Reserven geringer sind als deklariert. Bei höheren Reserven erhält der Kunde die höhere Spitzenbeteiligung. Diese Sockelbeteiligung kann laut GDV von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich sein. Im Branchenschnitt liege sie bei etwa einem Drittel, während die Spitzenbeteiligung bei zwei Drittel liege.

Wo gibt es Hilfe bei Fragen rund um die Lebensversicherung?

Bei kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen ist ein spitzer Bleistift gefragt, um zu ermitteln, ob eine Kündigung lohnt. Denn dabei entfallen Schlussüberschussanteile, und möglicherweise fallen Stornokosten an. Vielleicht ist an die Lebensversicherung auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung gekoppelt, auf die der Versicherte nicht verzichten mag.

Die Verbraucherschützer empfehlen deshalb eine unabhängige Beratung durch einen Versicherungsberater oder bei den Verbraucherzentralen selbst. Sie kostet bei der Verbraucherzentrale NRW 60 Euro für 45 Minuten. Auf der Internetseite der Verbraucherzentralen gibt es auch Musterbriefe mit Fragen, die Kunden ihrer Versicherung stellen sollten, um zu ermitteln, ob sich eine Kündigung überhaupt lohnt. Einen Fragenbogen bietet auch das Verbraucherportal Finanztip, das auf seiner Internetseite auch einen Rechner zur Verfügung stellt.

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