Mehrwertsteuerbefreite Kleinstselbstständige Trend zum Mikrobetrieb macht den Friseuren Sorge

BONN · Der Friseursalon als sozialer Treffpunkt: In einer älter werden Gesellschaft sieht der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks eine große Marktchance darin, wieder verstärkt als Treffpunkt für ältere Menschen zu dienen. "Wir bieten Fortbildungen an, die sich mit diesem Thema beschäftigten", sagte Hauptgeschäftsführer Rainer Röhr.

"Die neue Leichtigkeit" hat die Branche ihre Sommertrends überschrieben.

"Die neue Leichtigkeit" hat die Branche ihre Sommertrends überschrieben.

Foto: dpa

Die Zahl der Friseurbetriebe ist in Deutschland immer noch leicht steigend. Ende 2013 gab es deutschlandweit 80 176 Salons, 0,4 Prozent mehr als im Vorjahr. 11.579 davon waren Filialbetriebe einer Kette, ein leichter Rückgang um 1,4 Prozent. "In unserer Branche herrscht immer noch der traditionelle Familienbetrieb mit vier bis sieben Angestellten vor", sagt der Kölner Friseurmeister Harald Esser, der zum neuen Präsidenten des Zentralverbands gewählt wurde.

Sorge bereitet ihm allerdings der Trend zum Mikrobetrieb. Damit meint er Kleinstselbstständige, die keine Mitarbeiter beschäftigen und bei einem Jahresumsatz von weniger als 17.500 Euro mehrwertsteuerfrei - das heißt mit einem Kostenvorteil von 19 Prozent - tätig sind. Die genaue Zahl dieser Ein-Personen-Unternehmen ist statistisch nirgendwo eigens erfasst. Der Zentralverband schätzt ihren Umfang auf rund 25.000 Betriebe. Harald Esser schätzt, dass von den rund 1.000 Friseurbetrieben, die es in Köln gibt, rund 30 Prozent Kleinstbetriebe sind. Teilweise würden diese Friseure nur Hausbesuche machen, andere teilten sich zu dritt oder viert ein Ladenlokal. Er kritisiert, dass mit den steuerprivilegierten Mikrobetrieben eine Konkurrenz entstanden ist, die zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Notwendig seinen eine Absenkung der Mehrwertsteuerfreigrenze für Kleinstbetriebe und eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Friseurdienstleistungen.

Für Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis sieht Elke Siewert, Geschäftsführerin der Friseurinnung eine leicht ansteigende Zahl der Betriebe. Das führe auch gerade bei alteingesessenen Betrieben zu Problemen: "Der Kuchen, der zu verteilen ist, wird nicht größer." Am besten gehe es den Betrieben, die ganz billig anbieten würden oder sich einen Namen im Luxussegment gemacht hätten.

Einen Einfluss des Mindestlohnes auf die Geschäftslage sieht sie aber kaum, es habe ja auch schon vorher allgemeinverbindliche Lohntarifverträge gegeben. Die Branche hat vereinbart, stufenweise bis 2015 den Mindestlohn auf 8,50 Euro festzulegen. Wie Verbandsgeschäftsführer Rainer Röhr sagt, könne der Mindestlohn zu Preissteigerungen führen. Der Chef von Deutschlands größter Friseurkette, Michael Klier, hat angekündigt, dass es keinen Herrenhaarschnitt mehr geben werde, der billiger als 20 Euro sei. Röhr stimmte zu, die Preise müssten sich in diese Richtung entwickeln.

Die jüngste Erhebung des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass die rund 53 700 umsatzsteuerpflichtigen Friseurunternehmen 2012 knapp 5,9 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. Daraus ergibt sich eine Wachstumsrate von 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Zentralverband geht davon aus, dass die Branchenumsätze 2013 mit 1,5 Prozent noch etwas stärker gestiegen sind.

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