Oppenheim-Prozess Staatsanwalt beklagt "Unverschämtheit"

KÖLN · Gebräunt und gut gelaunt erschien der frühere Bertelsmann- und Arcandor-Chef Thomas Middelhoff gestern im Kölner Landgericht. Im Untreueverfahren gegen die Ex-Chefs von Sal. Oppenheim, Matthias Graf von Krockow, Christopher Freiherr von Oppenheim, Friedrich Carl Janssen und Dieter Pfundt, sowie den Immobilienentwickler Josef Esch, in dem er als Zeuge aussagen sollte, war er aber ausgesprochen wortkarg.

60 Jahre alt sei er, Diplomkaufmann sowie Betriebswirt, wohnhaft in Saint-Tropez, gab er an. Im Juli 2004 sei er Aufsichtsrat bei Karstadt-Quelle geworden, später Aufsichtsratsvorsitzender und von Mai 2005 bis Ende Februar 2009 dann Vorstandschef, skizzierte er noch seinen Werdegang. Ansonsten verweigerte er überraschend die Aussage. Als Grund verwiesen seine Anwälte, Middelhoff wurde gleich von zwei Zeugenbeiständen begleitet, auf einen Bericht des "Focus" über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bochum wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung. Dieses Verfahren läuft seit 2009.

In Gesprächen, wunderte sich die Vorsitzende Richterin der 16. Großen Strafkammer, Sabine Grobecker, habe Middelhoff doch immer wieder betont, er wolle aussagen. Ohne die Berichterstattung sei das möglich gewesen, so die Anwälte. Es sei aber eine neue Situation entstanden, in der sie ihn schützen müssten. Es gebe jetzt Druck auf Middelhoff, so Middelhoffs Anwälte weiter.

Middelhoff und seine Vorstandskollegen, berichtet der "Focus", sollen mit falschen Jahresabschlüssen und illegalen Bilanztricks im Spätsommer 2008 den überfälligen Gang zum Insolvenzrichter verhindert haben. Das gehe auch aus einem Zwischenbericht der Staatsanwaltschaft Bochum hervor. Ende September 2008 gab dann Sal. Oppenheim Arcandor, wie das Unternehmen später hieß, einen Kredit und stieg bei dem Konzern ein. Das Bankhaus geriet dann durch die Arcandor-Pleite 2009 selbst in eine Schieflage.

Sieben Fragen stellte Grobecker noch. Sie fragte etwa nach dem Grund des Wechsels vom Aufsichtsrat an die Vorstandsspitze, nach Kontakten zu Sal. Oppenheim, oder hielt Middelhoff seine Aussage bei der Staatsanwatschaft vor, nach der es in der Bank ein Esch-Lager und ein Janssen-Lager mit konträren Positionen gegeben habe. Immer wieder sagten die Anwälte: "Diese Frage beantworten wir nicht."

Ein Aussageverweigerungsrecht stehe Middelhoff zu, so Grobecker und auch Oberstaatsanwalt Torsten Elschenbroich. Das Verhalten Middelhoffs und seiner Anwälte sei aber "erbärmlich" und eine "Unverschämtheit", so Elschenbroich. Verteidiger, Staatsanwälte und Richter hätten sich vorbereitet. "Schade, dass es keine Missbrauchsgebühr gibt", so Elschenbroich. Schon am Mittag war die Verhandlung beendet. Middelhoff konnte sich Verdienstausfall und Anreisekosten erstatten lassen. Bezahlt werde aber nur die Anreise von Bielefeld, nicht von Saint-Tropez, so Grobecker.

Weitere Verfahren

Thomas Middelhoff muss sich heute vor dem Landgericht Essen verantworten. Laut Staatsanwaltschaft hat er etwa Charterflüge auf Arcandor-Kosten unternommen, obwohl sie privaten Zwecken dienten. Er wies die Vorwürfe bislang zurück.

Er streitet auch mit Sal. Oppenheim, die das Ehepaar Middelhoff auf knapp 78 Millionen Euro verklagt haben. Kredite für Investments seien nicht zurückgezahlt worden. Zuvor hatte Middelhoff die Bank auf 101 Millionen verklagt.

Zuletzt hatte das Landgericht Essen geurteilt, ein Sonderbonus, den Middelhoff vor seinem Arcandor-Ausscheiden erhielt, sei nicht gerechtfertigt. Er soll rund 3,4 Millionen an den Insolvenzverwalter zahlen, hat aber Berufung angekündigt. Seinerseits verlangt er von den Verwaltern wegen angeblichen Rufmords 120 Millionen. Sie hatten Middelhoff und andere Manager auf Schadenersatz von 175 Millionen verklagt, unter anderem wegen angeblicher Managementfehler.

Außerdem stritten Middelhoff und Esch um die Unterhaltskosten einer inzwischen verkauften Luxus-Yacht. Middelhoff erkannte in einem Vergleich eine Millionenforderung Eschs an, zahlte nach Medienberichten bis zum vereinbarten Zeitpunkt aber nicht.

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