Agrargüter unter Druck Sanktionen Russlands treffen Bauern im Rheinland

BONN/KÖLN · Die Exporte nach Russland sind unbedeutend, aber andere Länder drängen mit Agrargütern auf den deutschen Markt.

Die Bauern im Rheinland bekommen die Sanktionen Russlands jetzt schon teilweise heftig zu spüren. Die Preise für zahlreiche Agrargüter stünden unter Druck, hieß es am Freitag beim Rheinischen Landwirtschaftsverband in Bonn. Die Verbraucher dürfen sich freuen. Das russische Einfuhrverbot trifft EU-Länder unterschiedlich hart. Der Boykott umfasst Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Obst und Gemüse.

Nach Russland exportiert wurden aus dem Rheinland bisher vor allem Äpfel, Weißkohl und Fleisch. Allerdings gehen nur etwa ein Prozent der Gesamtmenge dorthin. Überschüssige Fleischmengen könnten zunächst auch eingefroren werden.

Gravierender wirkt sich nach Angaben des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes aus, dass Agrarbetriebe aus anderen westeuropäischen Ländern jetzt versuchen, ihre ursprünglich für Russland bestimmten Waren in Deutschland abzusetzen. "Wir haben jetzt hier ein Problem mit Tomaten aus den Niederlanden", sagte eine Sprecherin des Landwirtschaftsverbands.

Sehr stark seien auch die Zwiebelanbauer beispielsweise in der Region Köln betroffen. Sie verkaufen nach Angaben des Landwirtschaftsverbands ihre Ware nach Holland, von wo aus diese bisher nach Russland ging. Jetzt nehmen die Niederländer die Zwiebeln nicht mehr ab. "Der Preis ist um drei Viertel auf nur noch sechs Cent pro Kilo eingebrochen", so die Sprecherin.

Die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft exportierte im Jahr 2013 Nahrungs- und Genussmittel im Wert von 1,6 Milliarden Euro nach Russland, 14 Prozent weniger als noch 2012. Russland ist damit nach der Schweiz und neben den USA bisher das zweitwichtigste Abnehmerland im Agrarexport außerhalb der EU. Dreiviertel des deutschen Agrarhandels gehen in die Europäische Union. Wichtigste deutsche Agrarexportgüter nach Russland sind Schweinefleisch, Backwaren, Käse und Kakaoprodukte. Produkte wie Obst und Gemüse sowie Fleisch haben im deutschen Export nach Russland nur eine geringe Bedeutung.

Für das Agrarland Polen ist der russische Einfuhrstopp schmerzhaft. Landwirtschaftsminister Marek Sawicki kündigte an, Klage bei der Welthandelsorganisation WTO einzureichen. Italien befürchtet wegen der Sanktionen Hunderte Millionen Euro an Einbußen für den Agrarsektor. "Die Entscheidung der Regierung in Moskau wird zum Rückgang von etwa 25 Prozent unserer Exporte nach Russland führen", schätzte Riccardo Monti, Chef des Außenhandelsverbandes ICE.

In Griechenland sind vor allem Obst- und Gemüseproduzenten im Norden des Landes betroffen. Auch die Fischerei und die Produzenten von Joghurt und Fetakäse könnten schwere Verluste erleiden. Nach Schätzungen könnten die griechischen Gemüse- und Obstexporteure Verluste in Höhe von 178 Millionen Euro erleiden.

Spanien ist ebenfalls stark von den russischen Sanktionen betroffen. Die Exporte von Agrarprodukten aus Spanien, die nun unter den russischen Importstopp fallen, machten im vorigen Jahr ein Volumen von etwa 400 Millionen Euro aus. Die spanischen Bauernverbände äußerten sich besorgt und verlangten Kompensationen von der EU.

Lettland und Litauen: Die lettische Regierungschefin Laimdota Straujuma rief die Letten auf, mehr einheimische Milch- und Fischprodukte zu kaufen. Litauens Staatschefin Dalia Grybauskaite kritisierte Russland als "völlig unzuverlässigen und unberechenbaren Wirtschaftspartner". Wirtschaftsminister Evaldas Gustas schätzte, dass die Handelssanktionen die litauische Wirtschaft 0,2 Prozentpunkte Wachstum kosten könnten.

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