Konzernchef verlangt finanzielle Opfer von den Beschäftigten Sanierung mit harter Hand

ESSEN · Standortschließungen und Einsparungen beim Personal: Der neue Karstadt-Chef Stephan Fanderl will den Warenhauskonzern mit harter Hand sanieren. Doch er muss sich auf massiven Widerstand der Gewerkschaften gefasst machen. Auch der Deutsche Städtetag ist alarmiert.

 Beleuchteter Eingang: Kunden vor der K-Town-Filiale in Köln, die geschlossen werden soll.

Beleuchteter Eingang: Kunden vor der K-Town-Filiale in Köln, die geschlossen werden soll.

Foto: SCHMÜLGEN

Unmittelbar nach seiner Ernennung durch den Aufsichtsrat am Donnerstagabend kündigte der neue Chef der Warenhauskette nicht nur die Schließung von sechs Häusern an. Er verlangte von den knapp 17 000 Karstadt-Mitarbeitern auch finanzielle Opfer zur Rettung der Warenhauskette. "Wir müssen über Einsparungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld sprechen und darüber, die Tarifpause über 2015 hinaus zu verlängern", sagte Fanderl dem "Handelsblatt".

Bis Mitte nächsten Jahres sollen sechs Häuser ihre Tore zumachen. Fanderl zufolge sind von den Schließungen 350 Arbeitsplätze betroffen. Zusätzlich ist nach Angaben der Gewerkschaft Verdi der Abbau von rund 2000 Stellen in der Zentrale und den verbleibenden Warenhäusern geplant. Auch die Zukunft zahlreicher weiterer Filialen ist ungewiss. Fanderl kündigte an, bei weiteren acht bis zehn Häusern individuelle Lösungen zu suchen. "Wir sprechen etwa mit den Vermietern, ob es alternative Nutzungen für den Standort gibt und eine Chance besteht, früher aus den laufenden Mietverträgen herauszukommen", sagte der 51-jährige Manager dem "Handelsblatt".

Der Karstadt-Gesamtbetriebsratchef Hellmut Patzelt sprach von einem "dunklen Tag für die Beschäftigten". Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger warf der Konzernspitze vor, nicht genau untersucht zu haben, warum Karstadt in der Krise sei. Der für Verdi im Karstadt-Aufsichtsrat sitzende Arno Peukes sagte, nach wie vor sei die Zukunft von 21 Warenhäusern, die rote Zahlen schreiben, ungewiss. Der Betriebsrat und die Gewerkschaft würden alles daran setzen, alle Häuser zu erhalten. In den betroffenen Städten stießen die Schließungspläne von Karstadt auf Unverständnis.

Die Schließung des Karstadt-Hauses in Stuttgart habe nichts mit der schwierigen Lage des Konzerns zu tun, kritisierte Verdi. Die Warenhauskette hat nach eigenen Angaben auch im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2013/14 rote Zahlen geschrieben. Gleichzeitig gingen die Umsätze zurück. Das Unternehmen habe seit der Insolvenz 2009 fast 30 Prozent seiner Kundschaft zwischen 35 und 50 Jahren sowie bei den über 55-Jährigen verloren, klagte Fanderl. Mehr als jede vierte Filiale verdiene kein Geld. Einige seien sogar "dunkelrot". Fanderl gibt sich drei Jahre Zeit, um wieder auf ein akzeptables Ergebnisniveau zu kommen.

Der Eigentümer des Bonner Karstadt-Gebäudes geht früheren Aussagen zufolge "davon aus, dass dieser Standort für Karstadt profitabel ist", so Frank Wenzel, Geschäftsführer der Aachener Grundvermögen Kapitalanlagegesellschaft, die das Haus an der Poststraße 2012 gekauft hatte. Eine Schließung sei unwahrscheinlich, zumal sich Karstadt mit einem langfristigen Mietvertrag an die Immobilie gebunden habe, hatte er seinerzeit gesagt: Bis 2026 hätten beide Seiten keine Möglichkeit zu kündigen. Bei Karstadt in Bonn sind rund 200 Mitarbeiter beschäftigt.

Das Kölner K-Town-Haus

Einst mit großen Hoffnungen gestartet, stampft Karstadt nach gut drei Jahren seinen Ableger K-Town ein. Gestern morgen wurden die 18 Beschäftigten, die im Kölner K-Town, das Teil des Karstadt-Komplexes in der Innenstadt ist, informiert dass im Sommer 2015 Schluss ist, so Britta Munkler, stellvertretende Bezirksgeschäftsführerin der Gewerkschaft Verdi in Köln.

Man gehe aber davon aus, dass sie bei Karstadt Sport in der Nähe oder auch im Haupthaus mit seinen rund 300 Beschäftigten unterkommen könnten. Insgesamt hat Karstadt im Haupthaus an der Breite Straße auf sechs Etagen eine Verkaufsfläche von 27 000 Quadratmetern. K-Town hat davon 2000.

Mit K-Town setzte Karstadt auf junge Kunden. "Cooler kann man nicht shoppen", heißt es auf der Internetseite. Versprochen werden die Must-Haves, also, das, was man tragen muss, wenn man mit der Mode geht.

Auch Events, Konzerte und Modeschauen sollten Kunden locken und die Architektur sollte Akzente setzen. In Göttingen, im September 2011 eröffnet, gibt es eine Fabrikhallen-Atmosphäre mit hohen Decken und Backsteinwänden.

Im ein Jahr später in Köln eröffneten K-Town soll es das Ambiente einer "Modern Art Gallery" geben mit reduzierter Architektur und Stahlskulpturen unter der Decke. Schwarze Wände und Decken und ein ebenfalls dunkler Boden empfangen die Kunden, wenn sie durch die insgesamt drei schmalen Eingänge K-Town betreten. Das wirkt wenig einladend. Dabei werden wie versprochen Trendmarken von Adidas bis zu Van-Schuhen verkauft. Wirklich gezogen hat das Konzept aber offenbar nicht. Gedränge herrscht in diesem Teil des Kölner Karstadt-Warenhausens selten.

Was mit der Fläche ab dem kommenden Jahr geschieht, ist unklar. Bezirksgeschäftsführerin Munkler von Verdi kann sich eine Nutzung durch des Karstadt-Konzern vorstellen, der die Fläche ja auch bis vor zwei Jahren genutzt hatte. Er könnte etwa durch Ausstellungen das Einkaufen wieder mehr zum Erlebnis machen und Anreize schaffen, dass die Kunden wieder vermehrt das Karstadt-Haus in der Kölner Innenstadt betreten. Die Kollegen warteten auf Kunden, um sie bedienen zu können.

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