Kosteneinsparungen und steigender Wettbewerbsdruck SGL Carbon streicht in Bonn 106 Stellen

BONN · Nächste Hiobsbotschaft für den Industriestandort Bonn: Nur wenige Wochen nach dem Bekanntwerden von Plänen des Aluprofilhersteller Step-G, in seinem Werk im Bonner Norden drastisch Arbeitsplätze zu streichen, verkündet nun auch der Wiesbadener Kohlenstoff- und Graphithersteller SGL Carbon AG ein Sparprogramm für seinen Bonner Standort.

In Bonn beschäftigt SGL Carbon rund 670 Mitarbeiter inklusive Teilzeitkräfte und Auszubildende.

In Bonn beschäftigt SGL Carbon rund 670 Mitarbeiter inklusive Teilzeitkräfte und Auszubildende.

Foto: Volker Lannert

Bis Ende 2017 sollen im Graphitwerk in Bonn-Mehlem die Kosten um 14 Millionen Euro sinken und dabei 106 Vollzeitstellen gestrichen werden, bestätigte ein Sprecher des Unternehmens gestern auf Anfrage.

"Der globale Wettbewerbsdruck ist hoch, und die Ergebnisentwicklung mit Produkten aus dem Bonner Werk in den letzten Jahren stark rückläufig", sagte der Sprecher. Zur Zukunftssicherung bedürfe es einer "grundlegenden Optimierung" des Standorts. Zehn bis 15 Wettbewerber, unter anderem aus China, USA und Japan, machten SGL heftig Konkurrenz, sagte der Sprecher.

SGL Carbon stellt in Bonn Heizelemente aus Isographit her, die sehr hohe Temperaturen vertragen. SGL liefert diese unter anderem an die Solarindustrie, die damit Silizium erhitzt. Andere Anwendungen sind die Chipherstellung und die Herstellung von LED-Lampen. SGL hatte 2012 in Bonn rund 70 Millionen Euro in die weltgrößte Graphitpresse investiert. Der SGL-Standort in Bonn gehört zur SGL-Geschäftssparte "Graphite Materials & Systems (GMS)", die Lösungen aus Spezialgraphit für viele Wachstumsmärkte herstellt. Der Geschäftsbereich GMS hatte 2014 einen weltweiten Jahresumsatz von 440,4 Millionen Euro und erzielte ein Betriebsergebnis (Ebit) von 40 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2015 betrug der Umsatz 219 Millionen Euro, das Betriebsergebnis lag bei 16,6 Millionen Euro. In Bonn beschäftigt SGL Carbon rund 670 Mitarbeiter inklusive Teilzeitkräfte und Auszubildende.

Der Sprecher betonte, dass der Stellenabbau sozialverträglich und möglichst unter Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen vollzogen werden soll. Zu den 126 Projektideen, mit denen die Kosten gesenkt werden sollen, gehörten auch Änderungen im Betriebsablauf sowie Outsourcing. Ziel sei es auch, in Verhandlungen mit dem Betriebsrat einen neuen Standortsicherungsvertrag abzuschließen. Der aktuelle Vertrag laufe zum Jahresende aus. Er besteht seit 2009 und hatte ursprünglich eine Laufzeit von vier Jahren, die dann noch einmal verlängert wurde.

Die IG-Metall zeigte sich von den Plänen überrascht. "Das ist der Hammer", sagte Lutz Mühring, betreuender Sekretär der IG Metall Bonn/Rhein-Sieg und in dieser Funktion zuständig für SGL Carbon. Die Gewerkschaft sei bisher vom Unternehmen nicht über den Personalabbau informiert worden. Mühring bestätigte aber, dass Verhandlungen über einen neuen Standortsicherungsvertrag in der Planung gewesen seien.

Für den Industriestandort Bonn sind die Pläne von SGL die zweite schlechte Nachricht binnen Wochen. Erst Mitte Juli waren beim Bonner Aluprofilhersteller Step-G Pläne zu einem drastischen Personalabbau bekannt geworden. Danach sollen im früheren Aleris-Aluminiumpresswerk an der A 555 im Bonner Norden 82 von 340 Mitarbeitern ihre Arbeitsplätze verlieren. Der Betrieb war vor wenigen Monaten vom japanischen Baustoffkonzern Sankyo Tateyama übernommen worden. Derzeit liefen die Verhandlungen über einen Sozialplan, bestätigte Gewerkschafter Mühring. Zu Details wollte er sich nicht äußern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort