Probleme beim Umbau der Computerprogramme Post kappt Gewinnprognose radikal

Bonn · Der Deutschen Post macht ihre Frachtsparte DHL Global Forwarding noch stärker zu schaffen als bisher bekannt. Wie der Bonner Konzern gestern Abend mitteilte, kann die Post ihre Gewinnprognose wegen hoher Abschreibungen und Rückstellungen nicht halten.

 Vom Lkw aufs Schiff: Ein DHL-Container wird im Hafen verladen.

Vom Lkw aufs Schiff: Ein DHL-Container wird im Hafen verladen.

Foto: Deutsche Post

Für das laufende Jahr geht der Konzern nur noch von einem operativen Konzerngewinn vor Zins- und Steuerzahlungen (Ebit) in Höhe von mindestens 2,4 Milliarden Euro aus. Bislang hatte die Post 2,95 bis 3,1 Milliarden Euro angepeilt. Vorangegangen war ein Beschluss des Vorstands der Post AG über die Ausrichtung der Erneuerung der IT bei DHL Global Forwarding.

Es geht um hohe Abschreibungen auf Computersysteme und weitere befürchteter Mehrbelastungen. DHL bezeichnet sich mit den Geschäftsfeldern Global Forwarding und Freight als der weltweit größte Anbieter für Luft- und Seefracht. "Die Systeme und Prozesse haben nicht so funktioniert wie erwartet", hatte Postchef Frank Appel bereits im März gesagt und "erhebliche Belastungen" auch für dieses Jahr aus der Systemumstellung gesehen. Im vergangenen Jahr war der operative Gewinn (Ebit) der Sparte um knapp 40 Prozent auf 293 Millionen Euro eingebrochen.

Wie das Unternehmen mitteilte, hat es in den ersten neun Monaten 2015 Einmaleffekte in Höhe von 345 Millionen Euro verbucht. Diese bestehen aus der Abschreibung der bislang in der Bilanz angesetzten Investitionen in das IT-System NFE in Höhe von 308 Millionen Euro und Rückstellungen in Höhe von 37 Millionen Euro für Ausgaben zur erwarteten Rückabwicklung des Systems in den bereits umgestellten Pilotländern.

Der seit Monaten laufende Umbau der DHL-Frachtsparte auf neue IT-Systeme und Geschäftsabläufe hat aus Sicht der Post damit wohl kaum noch kaum Aussicht auf Erfolg. Es gebe eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass das unter dem Namen NFE geführte System in der gegenwärtigen Form positive Effekte erzielen könne, heißt es in der Mitteilung der Post. Statt dessen denkt das Unternehmen nun über eine "flexible IT-Architektur" nach, die bestehende Systeme verbessert und zusammenführt. Sie soll auch bereits verfügbare Systeme integrieren, die sich in der Speditionsbranche bewährt hätten.

Außerdem würden weitere Ergebnisbelastungen in Höhe von etwa 200 Millionen Euro in der Prognose für 2015 berücksichtigt. Betroffen davon seien neben dem Frachtgeschäft auch der Gewinnbringer DHL Express und die Stammsparte PeP, in der neben dem deutschen Briefgeschäft auch der Paketversand in Deutschland und Nachbarländern sowie das Internetgeschäft mit dem E-Postbrief sowie der Postbus gebündelt sind. Dabei gehe es um Belastungen durch rechtliche und regulatorische Sachverhalte.

Der Ausblick für 2016 habe nach wie vor Bestand. Das Ergebnis soll 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro erreichen. Davon wird der Unternehmensbereich PeP voraussichtlich einen Ergebnisbeitrag von mehr als 1,3 Milliarden Euro leisten. Die DHL Unternehmensbereiche sollen ihr Ebit 2016 auf 2,45 M bis 2,75 Milliarden Euro verbessern.

Anfang August bereits hatte die Post angesichts des kriselnden Frachtgeschäfts und der lang anhaltenden Streiks nach der Auslagerung von Zustellerjobs in Tochterfirmen zu schlechteren Konditionen die Ebit-Prognose für 2015 um 100 Millionen auf 2,95 bis 3,1 Milliarden Euro zusammengestrichen. Durch die Computerprobleme hatte im April bereits das zuständige Vorstandsmitglied Roger Crook das Handtuch geworfen. Die Sparte wird seitdem von Vorstandschef Frank Appel höchstpersönlich geführt.

Die Probleme rund um DHL Global Forwarding kochen just in dem Monat hoch, in dem das Geschäftsfeld sein 200. Jubiläum feiert. Die Geschichte begann 1815 mit der Gründung des schweizerisch-französischen Transportanbieter Danzas. Im Laufe der Jahre ist daraus die Transport-Sparte von DHL entstanden.

Anfangs transportierte Danzas die Waren mit Pferd und Wagen über wichtige Handelsroute zwischen Basel und Mühlhausen. Mit dem Aufkommen von Eisenbahn und Dampfschiff wurden die Transportrouten weiterentwickelt. Das Güteraufkommen auf dem Land- und Seeweg nahm ständig zu, und Danzas nutzte die Möglichkeiten, um die Waren per Schiff nach New York zu befördern.

Als Fracht-Abteilung bei DHL hat das Unternehmen mittlerweile 850 Niederlassungen weltweit. Zusätzliche Transportwege, Logistiklösungen und technische Neuerungen sind hinzugekommen. Kunden kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen.

So steuert die Sparte die Logistik für den Cirque du Soleil. Spezielle Einheiten transportieren Windmühlen, Spektrometer für die Raumfahrt oder empfindliche Musikinstrumente für die weltweiten Tourneen des Gewandhausorchesters. Auch Rennwagen der Formel 1 transportiert der Konzern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort