Abgas-Skandal bei VW Online-Händler: Diesel verkaufen sich schlechter

Bonn/Köln · Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei VW-Dieselfahrzeugen dämpft offenbar die Nachfrage nach diesem Antrieb.

Die Verkaufsberater spürten eine Skepsis gegenüber Dieselmodellen, gegenüber VW-Dieseln und auch gegenüber VW im Allgemeinen, sagte Sebastian Blens, Pressesprecher des Kölner Internet-Neuwagenvermittlers MeinAuto am Freitag. Interessenten wollten abwarten. Ob sie Käufe verschieben, lasse sich erst in Wochen sagen.

Eine Verschiebung der Anteile zwischen Diesel- und Benzinmotoren erkennt Blens aber schon. Knapp 43 Prozent der von MeinAuto vermittelten Pkw bis zum 21. September hatten einen Diesel. Vom 21. bis zum 24. September sank dieser Anteil auf 37,4 Prozent. Bei VW-Modellen fuhren bis zum Skandal knapp 40 Prozent der vermittelten Autos mit Diesel. Seit dem dem 21. September sank der Anteil der Dieselmotoren bei VW auf knapp 30 Prozent, der Anteil der Benziner stieg auf gut 70 Prozent. Noch sei aber nicht zu sehen, ob andere Hersteller profitierten.

Wer bereits ein Fahrzeug der VW-Gruppe fährt, interessiert sich brennend für die Frage, ob in seinem Auto ein Motor eingebaut ist, der von den Manipulationen betroffen ist. Doch wer sich eine Auskunft vom Händler seines Vertrauens erhofft, wird enttäuscht. "Dazu können wir ihnen im Augenblick noch gar nichts sagen", heißt es. Man warte auf die Liste der betroffenen Modelle. Auch auf den Internetseiten großer VW-Händler aus der Region ist die Welt noch in Ordnung: Erläuterungen zur VW-Affäre gab es gestern noch nicht.

Bislang hat der Volkswagen-Konzern bekannt gegeben, dass eine "auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb" ausschließlich beim Diesel-Motortyp EA 189 festgestellt wurde. Der Konzern bereitet eine Liste der von der Abgas-Affäre betroffenen Dieselwagen vor. Laut Verkehrsminister Alexander Dobrindt geht es um Fahrzeuge mit 1,6- und 2-Liter-Dieselmotoren. Bisher bekannt ist, in welche Modellreihen der VW-Tochter Audi der Motorentyp verbaut wurde: A1, A3, A4 und A6. Die genauen Baujahre sind aber unbekannt. Auch bei Skoda wurden Modelle der Reihen Fabia, Roomster, Octavia und Superb von 2009 bis 2013 teilweise mit den betroffenen Dieselmotoren ausgerüstet. Es könnten aber auch 1,2-Liter-Diesel-Motoren und leichte Nutzfahrzeuge betroffen sein, sagte Dobrindt. Mindestens 2,8 Millionen Fahrzeuge seien in Deutschland betroffen.

Wer nun gucken möchte, ob ein Motor des Typs EA189 unter der Haube seines Fahrzeugs steckt, kommt nicht weiter. Wie ein ADAC-Sprecher sagte, lässt sich an keiner der diversen Prüfnummern im Motorraum ablesen, ob es sich um den betroffenen Motortyp handelt. EA189 sei eine interne VW-Bezeichnung, die sich dort nicht wiederfinde. Das EA stehe für Entwicklungsauftrag. Fahrer sollten in Ruhe abwarten, bis VW die gestern Abend veröffentlichte Liste der betroffenen Modelle präzisiert. Es handele sich ja nicht um sicherheitsrelevante Aspekte.

Ob es sich bei den Manipulationen des Abgastests um erhebliche Mängel handele, die zum Rücktritt vom Kauf berechtigen, sei derzeit juristisch noch nicht klar zu bewerten, heißt beim Versicherer Arag. Zwar können auch geringe Mängel bei einem Neuwagen einen Sachmangel darstellen. Den Kauf gänzlich rückgängig machen, könne ein Kunde dann aber nicht.

Zum abweichenden Kraftstoffverbrauch hätten Gerichte Urteile im Sinne der Verbraucher gefällt, teilt die Versicherung mit. Ein Käufer könne vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der gekaufte Neuwagen auch unter Testbedingungen über zehn Prozent mehr Kraftstoff verbraucht, als im Verkaufsprospekt angegeben. (OLG Hamm, Az.: I-28 U 94/12).

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