Handwerkskammer Ohne Qualifikation zum eigenen Betrieb

KÖLN · Der Hauptgeschäftsführer der für die gesamte Region zuständigen Handwerkskammer zu Köln sorgt sich in einigen deutschen Handwerksbranchen um die Qualität.

 Nachwuchs im Blick: Die Kölner Handwerkskammer weist auf den drohenden Fachkräftemangel hin.

Nachwuchs im Blick: Die Kölner Handwerkskammer weist auf den drohenden Fachkräftemangel hin.

Foto: dpa

Das Problem aus seiner Sicht: "80 Prozent der Betriebe, die ein zulassungsfreies Handwerk anbieten, arbeiten mittlerweile ohne Qualifikation", erklärte Ortwin Weltrich am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz über die Entwicklungen im Handwerk. Zulassungsfreie Handwerke sind solche, für die kein Meisterabschluss erforderlich ist, um ein selbstständiges Gewerbe anzumelden. Die fehlende Qualifikation führe zunehmend zu mehr Beschwerden der Kunden - "vor allem bei Fliesenlegern", so Weltrich.

"Von einst 94 zulassungspflichtigen Handwerken braucht es heute nur noch bei 41 einen Meisterabschluss, um einen Betrieb zu eröffnen." Der Verbraucher müsse selbst sehr genau hinschauen, welche Qualifikation der ausgewählte Betrieb vorzuweisen habe. Gerade die Zahl der Betriebe in den zulassungsfreien Handwerken ist im vergangenen Jahr gestiegen. "Dabei sind diese - meist Einmann-Betriebe - volkswirtschaftlich nicht von großer Bedeutung", erklärt der Chef der Handwerkskammer. Denn meist bildeten sie weder aus, noch brächten sie neue Arbeitsplätze. In den zulassungspflichtigen Handwerken blieb die Zahl der Betriebe dagegen fast unverändert.

Obwohl Weltrich auch über zunehmend fehlende Fachkräfte und 500 unbesetzte Lehrstellen im vergangenen Jahr klagt, zieht er für 2014 insgesamt eine positive Bilanz: Der Konjunkturtrend im Handwerk sei aufwärts gerichtet und der Umsatz in der Region Köln-Bonn sei um knapp zwei Prozent auf 15,7 Milliarden Euro gestiegen. "Auch die Zahl der Beschäftigten ist stabil geblieben." Für 2015 stellt er eine zuversichtliche Prognose auf: "Die niedrigen Zinssätze fördern nach wie vor Investitionen. Und die Schweizer helfen mit ihrer Geldpolitik unserem Export." Für das laufende Jahr rechnet Weltrich deshalb mit einer Umsatzsteigerung von 1,5 Prozent. "Vielleicht auch wieder zwei Prozent."

Als mögliche Risiken, die das Wachstum in der Region Köln-Bonn hemmen könnten, führt er verschiedene Punkte an, auch die angespannte Verkehrssituation. Er schätzt, dass die Staubelastung pro Betrieb jährlich 10 000 Euro koste. Zusätzlich würden die Betriebe mit der Einführung des Mindestlohns durch Bürokratie belastet. Nicht zuletzt setze der Fachkräftemangel dem Handwerk zu. "Wir haben es bereits vor Jahren prognostiziert, jetzt ist es so weit", sagte Weltrich. Die Nachwuchssorgen in den Unternehmen würden größer. "2014 wurden in den Handwerksunternehmen des Kammerbezirks Köln am Jahresende 12 636 Lehrlinge ausgebildet. Das sind vier Prozent weniger als ein Jahr zuvor."

Positiv bewertet er die Tatsache, dass sich immer mehr Abiturienten für eine Ausbildung entscheiden. Ihr Anteil an den neu begonnen Ausbildungsverhältnissen hat sich zwischen 2010 und 2014 mehr als verdoppelt. "Im vergangenen Jahr wurde ein Abiturientenanteil von 15,8 Prozent erreicht."

Zudem steigt der Anteil Auszubildender mit ausländischer Staatsangehörigkeit. 9,2 Prozent waren es 2014, ein Plus von 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders wichtig sei es auch, dass jungen Flüchtlingen in Zukunft bessere Berufsperspektiven in Deutschland geboten würden, erklärt Hauptgeschäftsführer Weltrich.Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Bundesregierung ein Bleiberecht von mindestens viereinhalb Jahren schnellstmöglich bewillige.

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