Weinhandel im Wachstum Meyer übernimmt Weinhändler Hawesko

BONN/HAMBURG · Die Übernahmeschlacht ist geschlagen, die Hamburger Hawesko AG hat einen neuen Mehrheitsaktionär. Aufsichtsrat Detlev Meyer (61) hält über seine Tocos-Holding aktuell knapp 79 Prozent an dem nach eigenen Angaben größten deutschen Handelshaus für hochwertige Weine und Champagner, wie Tocos gestern mitteilte.

Gute Lage: Millionen Liter Wein lagern bei Hawesko.

Gute Lage: Millionen Liter Wein lagern bei Hawesko.

Foto: Hawesko

Das Übernahmeangebot an die Aktionäre war Mitte vergangener Woche ausgelaufen.

Meyer und der bisherige Hawesko-Vorstandschef und Großaktionär Alexander Margaritoff hatten sich im Herbst über die Entwicklung von Hawesko entzweit, nach anfänglichem Widerstand verkaufte Margaritoff sein 30-Prozent-Paket. Mit im Boot bei Hawesko: Der Bonner Weinhändler Bernd G. Siebdrat (58), dessen Wein-Großhandel Wein Wolf seit 1999 zu Hawesko gehört; er selbst sitzt bei den Hamburgern im Vorstand. Siebdrat hatte bereits in der ersten Januarwoche seine knapp 70 000 Anteilsscheine für insgesamt fast 2,8 Millionen Euro an Tocos verkauft.

Meyer hatte sein Übernahmeangebot damit begründet, dass Hawesko weniger Dividende ausschütten soll und dadurch mehr Kapital für Investitionen und seine weitere Expansion zur Verfügung hat. Siebdrat unterstützt dieses Ziel: "Für die weitere Internationalisierung des Geschäfts müssen wir mehr Eigenkapital bilden", sagte er im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Die Übernahmeschlacht, bei der zahlreiche Juristen und Wirtschaftsprüfer beratend tätig wurden, hat das Jahresergebnis von Hawesko mit rund drei Millionen Euro allerdings erheblich belastet.

Der Hawesko-Konzern ist in den drei Geschäftsfeldern Versandhandel, Groß- und Einzelhandel tätig. Zu dem Unternehmen gehört auch die Filialkette Jacques' Wein-Depot mit 284 Niederlassungen in Deutschland und zwei in Österreich. Wein Wolf, die Großhandelssparte des Konzerns, beschäftigt in Bonn-Oberkassel rund 80 Mitarbeiter. Der Hawesko-Konzernumsatz stieg 2014 erwartungsgemäß leicht um 1,6 Prozent auf 473 Millionen Euro, das Ergebnis vor Steuern und Zinsen soll bei rund 23 Millionen Euro liegen - abzüglich der einmaligen Kosten im Rahmen des Übernahmeangebotes. Das Unternehmen beschäftigt konzernweit 925 Mitarbeiter.

Siebdrat und der übrige Hawesko-Vorstand erwarten für dieses und die nächsten Jahre weitere Umsatzsteigerungen und Ergebnisverbesserungen. "Bei einem insgesamt gleichbleibendem Konsum von rund 21 Litern Wein pro Kopf in Deutschland wächst der Anteil hochwertiger Weine ab fünf Euro pro Flasche, wie wir sie anbieten", begründet Siebdrat die Geschäftserwartungen. Dass nun selbst Discounter wie Lidl und Aldi zeitweise teure Weine anbieten, wertet er positiv: "Das ist Werbung für Wein." Bei den Konsumenten sei die Bereitschaft da, für guten Wein tatsächlich auch deutlich mehr Geld auszugeben.

Als Land für Weinanbau werde Deutschland in den kommenden Jahren von einer möglichen Klimaerwärmung profitieren. "Wir können beim Weißwein zu einer Dominanz kommen", schätzt Siebdrat. Das wärmere Klima etwa an der Ahr habe in den vergangenen Jahren den Winzern dort bereits die Möglichkeit gegeben, Furore zu machen und "filigrane Rotweine" zu entwickeln. Weinbau in Ostdeutschland und Niedersachsen könnte sich großflächiger ausbreiten.

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