Riskante Geldanlagen Kunden erstreiten Schadenersatz von Sparkasse KölnBonn

KÖLN/BONN · Die Banken reden offiziell von Einzelfällen, doch die Reaktion zahlreicher Leser auf die Berichterstattung über Falschberatung bei Kreditinstituten in Köln, Bonn und der Region spricht eine andere Sprache. Hochriskante Schiffsfonds, wackelige britische Lebensversicherungen und Währungswetten mit unbegrenztem Verlustrisiko - solche Finanzprodukte wurden offenbar auch unbedarften Kunden noch bis in die Zeit der Bankenkrise hinein verkauft.

 Hoffentlich geht die Rechnung auf: Anlageberatung bei einer Sparkasse.

Hoffentlich geht die Rechnung auf: Anlageberatung bei einer Sparkasse.

Foto: dpa

Jetzt, fünf bis zehn Jahre später, stehen viele Anleger vor herben Verlusten. Darunter auch solche, die ihre Geldanlage seinerzeit fest in ihre Altersvorsorge einkalkuliert hatten. Viele fordern vor Gericht ihr Geld zurück.

Wie am Freitag berichtet, hat das Landgericht Köln die Sparkasse KölnBonn vor wenigen Wochen verurteilt, einer Kundin 17 000 Euro Schadenersatz wegen Falschberatung zu zahlen (AZ 3 O 462/11). Die Sparkasse hatte der seinerzeit in einer Fortbildungsmaßnahme steckenden, anschließend vorübergehend arbeitslosen und finanziell unerfahrenen jungen Frau im Jahr 2005 geraten, Teile ihres aus einer Erbschaft stammenden Geldes in einen hochriskanten Fonds namens Prorendita I zu stecken.

Dabei handelte es sich um britische Zweitmarkt-Lebensversicherungen, für die insgesamt fünf geschlossene Prorendita-Fonds aufgelegt wurden. Rund 17 000 Anleger investierten mehr als 330 Millionen Euro in das von der Ergo-Gruppe initiierte Produkt, vermittelt unter anderem durch die Commerzbank, die Citibank (jetzt Targobank) und diverse Sparkassen. Jetzt droht ihnen der Totalverlust ihres Kapitals.

Im Fall der Sparkasse KölnBonn stellten die Kölner Richter schwere Fehler sowohl bei der Einstufung der Kundin in eine hohe Risikoklasse als auch bei der Aufklärung über die Risiken von Prorendita fest. In der Verhandlung schilderte die Beraterin, dass sie sich an eine allgemeine Empfehlung der Sparkasse gehalten habe, bei größeren Anlagesummen zehn Prozent mit Risiko beizumischen. "Die Sparkasse KölnBonn hat Prorendita-Fonds offensichtlich als Witwen- und Waisen-Papiere verkauft und es spricht viel dafür, dass die Berater völlig unzureichend geschult waren", so Rechtsanwalt Michael Minderjahn von der Heidelberger Kanzlei Nittel, der die Klägerin vertritt.

Eine Sprecherin der Sparkasse wollte gestern keine Auskunft geben, wie vielen Kunden wann und in welchem Volumen Prorendita-Fonds verkauft wurden: "Wenn Kunden wegen der Finanzkrise finanzieller Schaden entstanden ist, bedauern wir das." Auch zur Zahl der Verfahren wegen Falschberatung und zu möglichen Rückstellungen für Schadenersatz will die Sparkasse nichts sagen. "Jeder Fall wird von uns einzeln geprüft", sagte die Sprecherin. Bis gestern meldeten sich mehrere geschädigte Anleger beim GA, die nach eigenen Angaben jeweils mehrere Zehntausend Euro in Prorendita-Fonds im Feuer haben.

Im August vergangenen Jahres war die Sparkasse KölnBonn vom Landgericht Köln auch zu Schadenersatz an eine Anlegerin verurteilt worden, die durch eine riskante Beteiligung an Schiffsfonds Geld verloren und sich von der Bank nicht richtig beraten gefühlt hatte.

Wegen Falschberatung in der Kritik steht in der Region seit Langem auch die Bonner Postbank: Die Stiftung Warentest beanstandete mehrfach dubiose Methoden der Postbank-Anlageberater. Ein "perfides Beratungssystem" attestierte Finanztest-Expertin Ariane Lauenburg dem Bonner Institut. So gab es etwa eine schwerbehinderte Kleinrentnerin, der ein Postbank-Finanzberater zwei Immobilien- und einen Schiffsfonds verkaufte. Nachdem Hunderte geprellter Kunden teils in Protestmärschen bundesweit vor Postbank-Filialen aufgezogen waren und sich Prozesse wegen Falschberatung häuften, zog die Postbank die Reißleine: Inzwischen hat das Institut seine Vermögensberatung komplett eingestampft.

Swap-Klagen noch offen

Noch offen sind zahlreiche, zum Teil schon seit Jahren laufende Prozesse gegen die Sparkasse KölnBonn wegen Falschberatung bei hochriskanten Währungs- und Zinswetten, sogenannten Swaps. Nach GA-Informationen klagen bundesweit Kunden - überwiegend Ärzte und Apotheker - wegen hoher Verluste aus diesen Anlagen gegen die Bank oder bemühen sich in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen um Schadenersatz. Insgesamt geht es nach Angaben der sie vertretenden Rechtsanwälte um einen mindestens zweistelligen Millionenschaden.

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