Regeln beim Mindestlohn Kettenhaftung bis ins letzte Glied

KÖLN · Unternehmen müssen beim Mindestlohn auch bei der Vergütung von Subunternehmen, denen sie (Teil-) Aufträge erteilen, einiges beachten.

 Mindestlohn bereitet Kopfzerbrechen: Bei einer Hotline des Deutschen Gewerkschaftsbundes laufen seit Jahresbeginn die Drähte heiß.

Mindestlohn bereitet Kopfzerbrechen: Bei einer Hotline des Deutschen Gewerkschaftsbundes laufen seit Jahresbeginn die Drähte heiß.

Foto: dpa

Unternehmen müssen nicht nur darauf achten, dass ihre Beschäftigten den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde bekommen. Sie haften auch für eine entsprechende Vergütung bei Subunternehmen, denen sie (Teil-) Aufträge erteilen. Sie haften sogar für jeden weiteren Vertragspartner, wenn der erste Subunternehmer einen anderen mit ins Boot nimmt, und so weiter. Anders als durch Kettenhaftung, so das Bundesarbeitsministerium, sei der Mindestlohn flächendeckend nicht zu sichern. Er soll nicht durch Subunternehmen unterlaufen werden.

In manchen Wirtschaftsbranchen wird das kritisch gesehen. Man könne den Subunternehmer zwar vertraglich verpflichten, den Mindestlohn zu zahlen. Man könne für den Fall der Zuwiderhandlung auch Sanktionen vereinbaren. Gegenüber den Arbeitnehmern der Subunternehmen bleibe man aber in der Verantwortung. Nach der Gesetzeslage haben alle Arbeitnehmer in der Subunternehmer-Kette Ansprüche "nach oben". Sie können sich, falls ihr Arbeitgeber den Mindestlohn nicht zahlt, mit ihren Forderungen an andere Unternehmen der Kette wenden, bis hin zum ersten Auftraggeber.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) fordert, die Haftungsregelung vom Verschulden abhängig zu machen. Es müsse eine "Exkulpationsmöglichkeit" eingeführt werden. Eine intransparente und nicht kontrollierbare Haftungskette könne sonst zu unkalkulierbaren Risiken führen. Demgegenüber heißt es, der Auftraggeber könne vom Subunternehmer ja verlangen, dass dessen Arbeitnehmer die Bezahlung nach Mindestlohn durch Belege bestätigen. Dann habe er Sicherheit.

Das würde jedoch den Geschäftsverkehr arg belasten, meint der Spitzenverband des Handwerks, der ZDH. Man stelle den Partner unter Generalverdacht. Das Handwerk sieht sich betroffen, weil größere Betriebe Aufträge an Subunternehmen weiterreichen. Kleinere Betriebe fungieren ihrerseits als Subunternehmen. Ihre Auftraggeber überhäuften sie mit Freistellungserklärungen und verlangten oft sogar Bankbürgschaften, die die kleineren Betriebe vollkommen überforderten, heißt es.

Dagegen ist die Bauindustrie, die oft mit Subunternehmen arbeitet, an Kettenhaftung schon gewohnt. Nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz muss sie dafür sorgen, dass Subunternehmen, zumal wenn sie ausländischer Herkunft sind, ihre Arbeitnehmer nach dem deutschen Bau-Tarif bezahlen. Und dessen Stundenlöhne sind deutlich höher als 8,50 Euro.

Eine Unsicherheit bleibt vorerst. Gilt die Mindestlohn-Haftung auch dann, wenn etwa ein Baukonzern eine Catering-Firma mit der Bewirtung seiner Mitarbeiter beauftragt, oder gilt die Haftung nur branchenspezifisch? Für Klarheit wird wohl erst die Rechtsprechung sorgen.

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