Mietpreisbremse In Deutschland fehlen viele Wohnungen

BERLIN · In den Groß- und Universitätsstädten ächzen viele Menschen unter hohen Mieten. Ein Wohnungswechsel geht richtig ins Geld. Es ist keine Seltenheit, dass ein Eigentümer ein Fünftel auf die alte Kaltmiete draufschlägt, wenn ein neuer Mietvertrag fällig wird.

 Neue Mietwohnungen: Es müssten in Deutschland mehr gebaut werden, um auch für Zuwanderer genügend anzubieten.

Neue Mietwohnungen: Es müssten in Deutschland mehr gebaut werden, um auch für Zuwanderer genügend anzubieten.

Foto: dpa

Vielerorts gibt der enge Markt für Mietwohnungen das auch her. Inzwischen fehlen in den Ballungsräumen 500 000 Wohnungen, sind sich Mieter- und Vermieterverbände einig. 200 000 Mietwohnungen müssten jedes Jahr gebaut werden. Das sind etwa doppelt so viele, wie 2013 mit rund 93 000 Stück gebaut wurden.

Das Statistische Bundesamt meldet zwar, der Wohnungsbau boome. Bis September wurde der Bau von 212 600 neuen Wohnungen genehmigt, das ist ein Plus von 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Tatsächlich werden seit 2010 jedes Jahr auch mehr neue Wohnungen geschaffen. Das sieht auf den ersten Blick ordentlich aus. Doch Deutschland zieht auch immer mehr Zuwanderer an, 2010 kamen 128 000 mehr als wegzogen, 2013 lag dieser Wert bereits bei 437 000. Die Nachfrage steigt also.

Außerdem sind in den Zahlen der Statistiker auch die Wohnungen enthalten, die als Eigentumswohnung verkauft werden, also selbst genutzt werden und damit dem Mietermarkt nicht zur Verfügung stehen. Seit Jahren legt nämlich der Mietwohnungsneubau nicht so stark zu wie der Neubau von Eigentumswohnungen. 2010 etwa hielten sich Mietwohnungen und Eigentumswohnungen beim Neubau noch etwa die Waage, seitdem sinkt der prozentuale Anteil, der auf das Konto von Mietwohnungen geht. 2013 lag er bei 42 Prozent, für dieses Jahr wird mit noch 40 Prozent gerechnet.

Beobachter des Wohnungsmarktes sind alarmiert: Steigt die Eigentumsquote immer mehr, dann heißt das im Gegenzug eben auch, dass immer weniger vom Neubau für Mieter zur Verfügung steht. Dass Eigentumswohnungen so beliebt sind, das mag mit den historisch niedrigen Zinsen zu tun haben. Viele Menschen investieren ihr Geld in Beton, weil sie sich davon noch ordentliche Renditen erhoffen. Doch womöglich gibt es noch andere Gründe, warum mehr Geld in die Schaffung von Wohneigentum fließt. Die Wohnungswirtschaft argumentiert, die Preise seien so hohen Investitionen für den Erwerb einer Immobilie über die Miete wieder hereinzuholen. Die Baukosten seien allein zwischen 2000 und 2014 um 32 Prozent gestiegen.

Die allgemeine Teuerung lag in dieser Zeit bei 26 Prozent. Noch kräftiger seien die Kosten gestiegen, wenn man alle Investitionen anschaut, die zum Bau eines Wohnhauses fällig sind: 2004 seien pro Quadratmeter Wohnfläche 1680 Euro fällig gewesen, heute seien es mit knapp 2500 Euro je Quadratmeter knapp 50 Prozent mehr. Als Grund nennt Axel Gedaschko vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW neben gestiegenen Baukosten als Preistreiber: "Staatliche Vorschriften zum Energiesparen, für Tiefgaragen oder Stellplätze oder Dachbegrünung." Auch der Fiskus langt über die Grunderwerbsteuer immer kräftiger zu. Seitdem die Länder 2006 an der Steuerschraube drehen dürfen, haben viele, vor allem viele traditionell klamme Bundesländer davon Gebrauch gemacht: Bundesweit waren 2006 3,5 Prozent Grunderwerbsteuer beim Übergang von einem Eigentümer auf den anderen - bezogen auf den Kaufpreis - fällig. Nordrhein-Westfalen erhöht Anfang Januar ebenfalls auf 6,5 Prozent. Politiker verhalten sich also widersprüchlich: Einerseits beschließen sie Maßnahmen wie die Mietpreisbremse, damit es bezahlbaren Wohnraum gibt. Andererseits verteuern sie die Schaffung von Wohnraum und schustern dem Fiskus zusätzliche Einnahmen zu.

Der GdW rechnet vor, dass die Kostenexplosion in der Immobilienbranche dazu führe, dass neue Mietwohnungen nur dann wirtschaftlich zu bauen seien, wenn die Kaltmiete mindestens bei zehn Euro je Quadratmeter und Monat liege. Aber selbst die andere Seite, also die Lobbyisten der Mieter, räumt ein, dass bei heutigen Bau- und Grundstückskosten für Mieten unter acht, neun Euro nicht mehr neu gebaut werden könne. Als Ausweg aus dem Dilemma schlagen sie vor, der Staat solle wieder verstärkt in den Wohnungsbau einsteigen. Doch der staatliche Wohnungsbau liegt brach. Die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen sind einem scharfen Spardiktat unterworfen - schon allein wegen der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse. Zwischenfazit: Schon jetzt fehlen Hunderttausende Wohnungen in den Ballungsgebieten, und der Mietwohnungsbau hinkt hinterher. Und da soll nächstes Jahr die Mietpreisbremse in Kraft treten. Neubauten sind davon zwar ausgeschlossen.

Doch die Branche befürchtet, dass allein die Existenz der Mietpreisbremse Investoren abschreckt. Noch ist die Mietpreisbremse vom Bundestag gar nicht beschlossen, da laufen im Bundesjustizministerium von Heiko Maas (SPD) bereits die Vorbereitungen für die nächste bittere Pille für Vermieter. Der SPD-Mann will durchsetzen, dass die Kosten für die Modernisierung einer Mietwohnung vom Vermieter nicht innerhalb von neun Jahren wie bisher, sondern in zehn Jahren auf die Miete umgelegt werden können. Mehr noch: Wenn die Kosten für die neuen Fenster (oder eine andere Maßnahme) dann eines Tages vom Vermieter komplett auf die Miete umgelegt sind, die Investition sich also amortisiert hat, soll die Miete wieder sinken.

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