50 Milliarden Euro illegale Zahlungen Geldwäsche floriert in Deutschland

BONN · In Italien darf der Kunde maximal 999 Euro in bar auf den Tisch eines Händlers legen, in Griechenland sind es höchstens 1500 Euro. Auch in Frankreich, Tschechien und der Slowakei gibt es Höchstgrenzen für Bargeldzahlungen.

 Bares bevorzugt: In Deutschland gibt es keine gesetzlichen Höchstsummen für die Zahlung.

Bares bevorzugt: In Deutschland gibt es keine gesetzlichen Höchstsummen für die Zahlung.

Foto: dpa

Nicht so in Deutschland. Hierzulande kann jeder sein neues Auto in bar bezahlen, selbst beim Immobilienerwerb kann der Käufer die Tausender auf den Tisch blättern. Auch der Juwelier nimmt Bargeld an, der Notar macht es und die Spielbank. Dies nutzen offensichtlich Täter aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, um Geld aus schmutzigen Geschäften, aus dem Drogen- und Waffenhandel, der Prostitution und Schutzgelderpressung systematisch zu waschen und so in den Wirtschaftskreislauf einzubringen.Die Dunkelziffer liegt hierzulande bei einem Volumen der Geldwäsche von 50 Milliarden Euro im Jahr.

Zwar gibt es seit 1993 ein Gesetz, das die Überwachung der Geldwäsche gewährleisten soll. Gut, wer am Bankschalter höhere Summen einzahlen will, muss sich ausweisen. Dass die Banken ihre Aufsichtspflicht erfüllen, kontrolliert die staatliche Bankenaufsicht Bafin.

Doch daneben gibt es noch viele Branchen der Privatwirtschaft mit hohem Bargeldverkehr. Versicherungs- und Immobilienmakler etwa, Notare, Spielbanken, Geschäfte, die mit Kunst, Möbeln, Pelzen oder teurer Elektronik handeln. Für deren Überwachung sind die Länder zuständig. Hierzulande sind es die Geschäftsleute, die laut Geldwäschegesetz dazu verpflichtet sind, Alarm zu schlagen, wenn dreckiges Geld im Spiel ist. Der Juwelier muss etwa die Identität vom Käufer des teuren Ringes prüfen. Der Makler muss von Gesetzes wegen klären, ob der Käufer der Wohnung eine politisch exponierte Persönlichkeit eines anderen Staates ist.

Der Gebrauchtwagenhändler muss überprüfen, ob der Käufer des Porsche nur ein Strohmann ist und das Geschäft stellvertretend für einen anderen abwickelt. Doch wer macht das schon? Verpfeift der Pelzhändler wirklich seinen Kunden? Schlägt ein Reiseveranstalter Alarm, wenn er einem dubiosen Menschen gerade eine Luxuskreuzfahrt rund um die Welt verkauft hat? Kann man das überhaupt erwarten, dass Geschäftsleute so fundamental gegen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen handeln?

Da liegt es eigentlich auf der Hand, dass der Staat die Einhaltung des Geldwäsche-Gesetzes mit Nachdruck überwacht. Das Gegenteil ist der Fall: Das belegen die Daten, die das Bundesfinanzministerium auf Initiative des Grünen-Abgeordneten Gerhard Schick in den Ländern erhoben hat. Es gibt ein völliges Wirrwarr an Zuständigkeiten, mal müssen Länderministerien die Einhaltung des Gesetzes überwachen wie etwa in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Kompetenzen gleich auf drei Ministerien verteilt sind. Mal sind die Regierungspräsidien gefragt, wie etwa in Baden-Württemberg.

Die Personalausstattung der Behörden ist jämmerlich. In Bremen gibt es die Personalkraft von 0,3 Vollzeitstellen zur Geldwäsche-Überwachung. Im Südwesten sind es acht Stellen, Bayern ist mit Rheinland-Pfalz Spitzenreiter mit elf Stellen. Rheinland-Pfalz ist immerhin in der Lage, alle anfälligen Branchen einigermaßen gleichmäßig zu kontrollieren. In Bayern etwa werden nur Händler hochwertiger Güter und Automobile vor Ort kontrolliert. Juweliere, Immobilienhändler und Versicherungsmakler wurden zwischen 2011 und Anfang 2014 gar nicht in der Sache von den Behörden aufgesucht.

Auch wenn es um Beanstandungen, Ordnungs- und Bußgeldverfahren geht, sieht es dürftig aus: Berlin etwa hat zwischen 2011 und Anfang 2014 exakt fünf Bußgelder verhängt - und das obwohl die Stadt allein 2254 Immobilienhändler und 1393 Versicherungsbetriebe hat. Am deutlichsten allerdings zeigt die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, dass die Überwachung des Geldwäsche-Gesetzes ihr nicht sonderlich wichtig ist: NRW hat im Rahmen der Abfrage keinerlei Daten ans Bundesfinanzministerium geliefert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Detlef Drewes, Brüssel,

zum ungarischen Gesetz
Worte reichen nicht
Kommentar zum ungarischen Gesetz zu Homo- und TranssexualitätWorte reichen nicht
Eine Errungenschaft
Kommentar zur Europäischen Staatsanwaltschaft in Luxemburg Eine Errungenschaft
Notwendiger Umbau
Kommentar zur Verkehrspolitik in Paris Notwendiger Umbau
Flickschusterei an der Altersversorgung
Kommentar zum Start der Auszahlung von Grundrenten-Zuschlägen Flickschusterei an der Altersversorgung
Aus dem Ressort