Interview "Es kommt auf den Stellenwert des Spiels an"

Köln · 150.000 zwölf- bis 17-Jährige konsumieren in Deutschland exzessiv digitale Spiele, sagt Marita Völker Albert. Sie beschäftigt sich als Pressesprecherin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seit 15 Jahren mit dem Thema und hat die Fragen beantwortet.

 Rät zum Gespräch: Expertin Marita Völker Albert.

Rät zum Gespräch: Expertin Marita Völker Albert.

Foto: Repro

Das Motto der Gamescom lautet in diesem Jahr "Spielend neue Welten entdecken". Der Spieler wird immer mehr zum Teil des Spiels, findet sich in immer realeren digitalen Umgebungen wieder. Inwiefern kann das gefährlich werden?
Marita Völker Albert: Gerade für junge Menschen ist es faszinierend, sich in ein fremdes Leben oder fremde Welten hineinzubewegen. Das birgt aber die Gefahr, das reale Leben um sich herum nicht mehr so wahrzunehmen und die Grenzen zwischen realer Welt und Spielewelt verschwimmen.

Wie können Eltern merken, wenn das passiert?
Albert: Anders als bei anderen Suchtformen kann man hier nicht sagen: Wer X Stunden täglich spielt, verhält sich problematisch. Wir sprechen daher auch nicht von Sucht, sondern von exzessivem Spielen. Es kommt sehr darauf an, welchen Stellenwert das Spiel einnimmt. Wenn es wichtiger wird als die reale Welt und die Freizeitgestaltung bestimmt oder schulische und häusliche Pflichten leiden, wird es problematisch.

Was können Eltern tun?
Albert: Zunächst sollte man mit den Kindern sprechen und die Sorgen zum Ausdruck bringen. Es ist wenig hilfreich, einfach den Stromstecker zu ziehen. Die Lösung kann nur über ein Gespräch erreicht werden.

Ist es heutzutage die Pflicht von Eltern, sich mit der Materie digitale Spiele und Internetthemen zu befassen?
Albert: Es gehört zur Aufgabe der Eltern von Kindern und Jugendlichen, deren Leben zu begleiten und an der Lebenswelt teilzunehmen. Gerade in der digitalen Welt müssen sie mitbekommen, was die Kinder dort machen. Sie sollten sich dabei natürlich nicht auf die gleiche Ebene stellen, indem sie etwa versuchen, die gleiche Sprache zu sprechen.

Was passiert, wenn die Eltern ein Spiel-Problem haben?
Albert: Das ist auch möglich. Eltern müssen sich kritisch hinterfragen. In der Regel ist es einer, der exzessiv spielt oder im Internet unterwegs ist. Da sollten Partner oder Freunde aufmerksam sein und das Gespräch suchen. Wir raten immer, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Beratungsprogramm für Jugendliche: ins-netz-gehen.de

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