Fanartikel Einzelhandel erhofft sich große Impulse von der Fußball-WM

KÖLN · Über fünf Millionen Vuvuzelas gingen hierzulande während der letzten WM in Südafrika über die Ladentheken. Für den Ballzauber am Zuckerhut präsentiert Media-Markt nun mit dem Zehn-Euro-Set "ComBinho" einen neuen Krachmacher, der zum Kassenschlager der WM werden soll. Statt des lauten Getröte sollen Samba-Rhythmen den Brasilianer im deutschen Fan wecken.

"ComBinho" ist eine vierteilige Kombination ("Die kleine, große Samba-Kapelle") aus Trommel, Ratsche, Rassel und Pfeife, für die der in Salvador da Bahia geborene Bayern-Star Dante die Werbetrommel rührt. Seit August letzten Jahres läuft in China die Millionenproduktion. Direkt neben den Vuvuzela-Nachfolgern stapeln sich in den Media-Märkten Köln und Bonn "Flag Tags" im Doppelpack (4,90 Euro) in Schwarz-Rot-Gold, die man auf Motorhaube, Heck und Kofferraum befestigen kann.

"Autofahnen wie bei der WM 2006 gehen überhaupt nicht mehr. Gefragt sind Fähnchen für das Fahrrad. Am besten gehen die Retro-Trikots der Nationalmannschaft von 1954, als Deutschland in der Schweiz erstmalig Weltmeister wurde. Gut gehen auch Hüte aller Art, Schminke und Ohrringe", sagt Martin Witt, Geschäftsführer der Fusino Germany, der auf der Website "echterfanshop.de" allen erdenklichen Schnickschnack für das Spektakel im Schwellenland anbietet. Vom aufblasbaren "Fritz der Gummiadler" über Kontaktlinsen in Farben der WM-Favoriten, Morphsuit-Ganzkörper-Anzügen bis hin zu den bewährten Hawaii-Ketten und dem aufsteckbaren Irokesenkamm in den Deutschlandfarben.

Witt weiß um das Risiko seiner Investition: "Alles hängt vom Turnierverlauf ab. Scheidet die DFB-Elf frühzeitig aus, können wir einpacken. Als Deutschland 2010 an Spanien scheiterte war das Geschäft schlagartig vorbei." Bei Sportscheck auf der Schildergasse in Köln werden zurzeit vor allem die aktuellen Trikots der deutschen Nationalelf nachgefragt. Mit dem 4:0 gegen Portugal, so hofft man, wird der Verkauf erst richtig anziehen. Dazu könnten auch die abendlichen Anstoßzeiten beitragen, die möglicherweise für mehr Frequenz in den Städten sorgen werden.

Im Angebot ist auch der "Brazuca", der WM-Ball von Fifa-Partner Adidas. 129,95 Euro kostet die große Turnierkugel, 12,95 die kleine Version. 13 Millionen Exemplare vom "Jabulani" konnte Adidas bei der WM 2010 verkaufen. "Brazuca" soll diese Zahl noch übertreffen. "Mancherorts werden die Bälle schon knapp", sagt Stefan Hertel, Pressereferent des Handelsverbands Deutschland (HDE).

Adidas lässt den Brazuca im pakistanischen Sialkot produzieren. Dort wird der Ball von Frauen teilweise in Handarbeit hergestellt. Drei Stunden werden für einen Ball benötigt. Der Lohn pro Ball: 60 Cent.

Peter Rohlmann, Geschäftsführer von "PR-Marketing", hat in einer Studie über den Verkauf von Fan-Artikeln seit der WM 1994 herausgefunden, dass eine WM dem Einzelhandel enorme Impulse gibt: "Die Umsätze mit fußballspezifischen Produkten wachsen in einem WM-Jahr zwischen 20 und 30 Prozent. Das Geschäft boomt vor allem seit der WM 2006. Durch die Public Viewings konnten neue Zielgruppen wie Frauen und Familien gewonnen werden."

Am stärksten, so die Studie des Experten, profitiert die Fifa. Bei der WM 1994 erbrachte das erstmalig aufgelegte Lizenzgeschäft mit Pokal und Logo einen Einzelhandelsumsatz von 400 Millionen Euro weltweit. Zwölf Jahre später beim WM-Sommermärchen in Deutschland waren es bereits 1,8 Milliarden Euro. Bei der WM in Südafrika sank der Umsatz wegen der geringeren Kaufkraft auf 1,4 Milliarden. Bekleidung macht 52 Prozent des Fifa-WM-Sortiments aus.

Von 80 Euro, die die Fans für ein unveredeltes Trikot zahlen müssen, bleiben dem Handel gut 35 Euro für Kostendeckung und Gewinn. Der Trikothersteller hält rund 15 Euro Rohmarge über. Der DFB kassiert seine Lizenz von knapp fünf Euro.

Fast alle WM-Trikots werden für Hungerlöhne in Bangladesch hergestellt. Dort ist die Produktion besonders billig. Für Ende Juni wird ein Jahresgeschäftsabschluss der Ausfuhren von 25 Milliarden Dollar erwartet, drei Milliarden mehr als im Vorjahr. Fußball-Juwel Pelé hat in Brasilien übrigens einen besonderen Fanartikel auf den Markt gebracht: Aus seinen Haaren sind in einem speziellen Verfahren 1283 Diamanten hergestellt worden. Kosten pro Stück: 7500 US-Dollar.

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