Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen Ein Netzwerk für 50.000 Betriebe

BERLIN · Da ist zum Beispiel die deutsche Fruchtsaftindustrie: Mit ihren 300 Betrieben ist sie überwiegend mittelständisch geprägt. Sie produziert im Jahr etwa vier Milliarden Liter Frucht- und Gemüsesäfte. Der Warenwert liegt bei rund vier Milliarden Euro.

 Ein Mitarbeiter der Eckes-Granini Deutschland GmbH steht im Werk Bröl in Hennef an der neuen PET-Produktionsanlage. Die Branche hat auch gemeinsame Forschungsziele.

Ein Mitarbeiter der Eckes-Granini Deutschland GmbH steht im Werk Bröl in Hennef an der neuen PET-Produktionsanlage. Die Branche hat auch gemeinsame Forschungsziele.

Foto: dpa

Besonders beliebt beim Verbraucher sind Säfte mit Cranberry, Granatapfel, Heidel- oder Preiselbeere. Dies hat einen Grund: Diese Früchte zeichnen sich durch antioxidative Wirkung aus. Sie sollen menschliche Zellen vor sogenannten freien Radikalen schützen, die Gesundheitsbeschwerden hervorrufen.

Je nach Sorte und Herkunft kann sich die Qualität der Früchte aber massiv unterscheiden. Das war lange für die Fruchtsaftbranche ein Problem. Derzeit tüfteln Forscher der Ernährungsindustrie in Bonn, um Abhilfe zu schaffen: Sie suchen nach Kriterien, damit diese Früchte mit größerer Rechtssicherheit gehandelt werden können.

Ohne die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V. (AIF) hätten die Forscher wohl nie loslegen können. Die AIF ist die wohl wichtigste Organisation, die staatliche Gelder für angewandte Forschung in kleinen und mittleren Unternehmen locker macht.

Die AIF mit Sitz in Köln feiert in diesen Tagen ihren 60. Geburtstag. AIF-Präsidentin Yvonne Karmann-Proppert erläutert: "Mittlerweile profitieren 50.000 Unternehmen bundesweit von unserem Innovationsnetzwerk." Rund 100 Forschungsvereinigungen verschiedener Branchen und über 1200 Forschungseinrichtungen stehen über die AIF miteinander in Kontakt. Karmann-Proppert: "Unsere Förderprogramme haben ein Ziel: Sie stärken die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit von Mittelständlern."

Seit ihrer Gründung im Jahr 1994 hat die AIF 9,5 Milliarden Euro an Fördergeldern ausgegeben. Insgesamt sind rund 200.000 Förderprojekte angestoßen worden. Allein im vergangenen Jahr zahlte die AIF 490 Millionen Euro aus. Das Förder-Geschäft der AIF ruht auf zwei Säulen.

Bei der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) beteiligen sich mehrere Unternehmen einer Branche und versuchen, gemeinsam eine Herausforderung zu stemmen. In dieser Phase der Forschung ist der Wettbewerbsgedanke noch ausgeschaltet: Die Ergebnisse stehen allen teilnehmenden Unternehmen gleichermaßen zur Verfügung. 2013 wurden IGF-Projekte mit 138 Mio. Euro aus dem Etat des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert. Bei IGF-Projekten müssen die Unternehmen die Personalkosten übernehmen.

Die zweite Säule der AIF-Forschungsförderung stellt das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) dar. Dieses Programm läuft erst seit 2008. Hierbei bekommen einzelne Firmen Fördergelder vom Staat, um ein spezielles Produkt oder ein Verfahren zur Marktreife zu bringen. Für ZIM-Projekte hat die AIF im vergangenen Jahr 351 Mio. Euro ausgegeben.

Bei ZIM-Projekten müssen Unternehmen die Hälfte der Forschungsausgaben selbst aufbringen. Es ist noch gar nicht so lange her, da war die AIF bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen noch nicht so bekannt. Doch das hat sich inzwischen geändert. Karmann-Proppert: "Bei uns gehen mehr Anträge ein als wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen können." Allein im vergangenen Jahr sei die Zahl der Anträge in der IGF um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, bei den ZIM-Projekten gar um 25 Prozent.

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, bis zum Ende der Wahlperiode 2017 drei Milliarden Euro mehr für Forschung außerhalb der Universitäten zur Verfügung zu stellen. Derzeit gehen rund zwei Milliarden Euro an Forschungsförderung an die Unternehmen. Etwa die Hälfte davon bekommen Großunternehmen, die andere Hälfte geht an kleine und mittelständische Betriebe.

Präsidentin Karmann-Proppert fordert, dass der Bund mehr Geld für die kleineren Unternehmen locker macht: "Die Großindustrie hat stets Zugang zu Entscheidern in der Politik und Verwaltung, Mittelständler haben dies aber nicht." Ein Mittelständler, der etwa 200.000 Euro für ein Forschungsvorhaben benötige, könne nur über die AIF an die staatlichen Gelder kommen.

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