Strategieentscheidung über Zukunft des Privatkundengeschäfts Deutsche Bank prüft Verkauf der Postbank

FRANKFURT · Der Gesamtmarkt im Rückwärtsgang, die Aktie der Deutschen Bank zeitweise knapp vier Prozent im Plus. So gut wie gestern ging es den Aktionären der Deutschen Bank lange nicht.

 Optische Spaltung: Die Zentrale der Deutschen Bank spiegelt sich in einer Glasfläche. FOTO: DPA

Optische Spaltung: Die Zentrale der Deutschen Bank spiegelt sich in einer Glasfläche. FOTO: DPA

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Seit Jürgen Fitschen und Anshu Jain als Co-Vorstandschefs vor knapp drei Jahren das Ruder bei Deutschlands größtem Bankhaus übernahmen, hat der Kurs der blauen Bank-Aktie zwar um rund zwölf Prozent zugelegt. Der Deutsche Aktien-Index (Dax) aber schaffte etwa 90, der europäische Bankenindex rund 70 Prozent in derselben Zeit.

Sie wissen, dass sie was tun, ihren Aktionären was bieten müssen. Im zweiten Quartal wollen sie eine neue Strategie vorlegen. Nichts Schnelles, eher etwas Dauerhaftes, Nachhaltiges. Sie werde nicht nur bis 2018 reichen, sondern eine längere Perspektive haben, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank, Paul Achleitner, gestern in Berlin.

Das zweite Quartal beginnt bald, der Aufsichtsrat hat getagt. Nun sprießen die Gerüchte. Im Mittelpunkt die Postbank, die die Deutsche Bank vor fünf Jahren für insgesamt 6,4 Milliarden Euro übernommen hatte. Eine der wichtigsten Optionen der neuen Strategie scheint zu sein, dass sich die Deutsche Bank teilt: eine für die Geschäfts- und Großkunden, also eine Investmentbank. Und eine andere für die private Kundschaft mit der Postbank als Kern.

Diese Privatkundenbank könnte in etwa zwei Jahren an die Börse gebracht werden. Die "Deutsche Bank neu" würde sich ganz auf das Investmentbanking konzentrieren. Dieter Hein vom bankunabhängigen Analysehaus "fairesearch" hält davon nichts. Zu schlecht ist seine Meinung von den Investmentbankern des Instituts: "Sie haben die Bank ausgenommen, die stillen Reserven gehoben und größtenteils an die Investmentbanker ausgeschüttet", kritisiert er. "Nichts Gutes" erwarte er von einer Aufspaltung.

Eine Abspaltung des Privatkundengeschäfts hat es unter dem Namen Deutsche Bank 24 Ende der 1990er Jahre schon einmal gegeben. Als der Neue Markt und die hochfliegenden Pläne zusammenbrachen, das Geld nur noch mit Börsengängen und Wertpapiergeschäften zu verdienen war, wurde das Privatkundengeschäft wieder zurückgeholt. Höhepunkt der Strategie, auf das Privatkundengeschäft als stabiles zweites Bein zu setzen, war die Übernahme der Postbank vor gut fünf Jahren.

Damals hatte Josef Ackermann das Sagen. Er wollte stabile Ergebnisse des Geschäfts mit den privaten Kunden als Ausgleich für das schwankungsreiche Investmentbanking. Zugleich hoffte er, den 14 Millionen Postbank-Kunden über ihr Sparbuch hinaus Fonds und andere provisionsträchtige Geldanlagen andienen zu können. Und die Investmentbanker der Deutschen Bank schauten begierig auf die rund 100 Milliarden Euro Spareinlagen der Postbank-Kunden: Dieses billige Geld wollten sie für ihre Geschäfte einsetzen.

Das werden sie auch getan haben. Aber die Bankenregulierung und das deutsche Trennbankengesetz erschwert diese Quersubventionierung: Investmentbanker sollen notfalls pleitegehen, ohne die Privatkundschaft mit reinzureißen oder den Staat zur Bankenrettung zu zwingen. Doch kann man sich in Frankfurt nicht vorstellen, dass die Deutsche Bank ganz den Zugriff auf die Postbank-Einlagen aufgeben wird. Vielleicht verkaufe sie nur 20 Prozent des Privatkundengeschäfts über die Börse. Schließlich wissen Investmentbanker, dass der Verkauf von Einzelteilen in der Regel den Wert des Konglomerats steigert.

Die Alternative für die Postbank: Volle Integration in die Deutsche Bank. Dann kämen die teuren Filialen auf den Prüfstand. Die Zentrale in Bonn. Und wahrscheinlich viele der noch gut 14.000 Arbeitsplätze.

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