Ausbau im Siegerland würde 370 Millionen Euro kosten Dem Siegtal droht noch mehr Bahnlärm

BONN · Mit einem Ausbau der Bahnstrecke Ruhr-Rhein-Sieg könnte die Rheintalstrecke vom Güterverkehr entlastet werden. Das geht aus einem aktuellen Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Vorfeld der Bundesverkehrswegeplanung hervor.

Die Bahn und das Land NRW hatten die Strecke für die Bundesverkehrswegeplanung angemeldet.

Laut BMVI könnte ein Teil des Güterzugverkehrs dem Rheintal nach einem Ausbau über das Siegerland ausweichen. Das sei die "einzige brauchbare Alternative", um die Bahnstrecken im Mittelrheintal zu entlasten, heißt es auch vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr (MBWSV). Die Rheintalstrecke ist eine der am stärksten befahrenen Europas: Besonders im Mittelrheintal, aber auch im südlichen Teil Nordrhein-Westfalens und in Bonn sind die Menschen deshalb von Bahnlärm betroffen.

Der Verkehr würde sich damit aber auch in den Rhein-Sieg-Kreis verlagern. Konkret handelt es sich um die Strecke, die von Köln über Troisdorf, Siegburg, Hennef, Eitorf, Au und Betzdorf nach Siegen führt. Wie viele Güterzüge auf diese Strecke umgeleitet werden würden, ist bislang noch nicht bekannt. Laut Verkehrsministerium werden jedoch für den "Korridor" zwischen Köln und Karlsruhe für die nächsten Jahre erhebliche Verkehrszuwächse erwartet.

"Die Ruhr/Rhein-Sieg-Strecke wäre eine gute Möglichkeit, mit Containerwaggons auszuweichen", erklärte eine Bahnsprecherin auf Anfrage. Denn: Für Züge aus Richtung der Häfen in Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam über das Ruhrgebiet nach Bayern, Österreich und Südosteuropa ist die Strecke über Siegen 40 Kilometer kürzer als die Rheintalstrecke. Dafür müssten aber unter anderem einige Tunnel aufgeweitet werden, durch die Container-Züge bislang nicht hindurchpassen, so die Sprecherin. Das Gutachten sieht auch neue Gleise vor: In einem ersten Ausbauschritt würde zwischen Troisdorf und Siegen ein durchgängiges Streckenprofil für den "kombinierten Verkehr" (wie Containerzüge) hergestellt werden, außerdem soll die Strecke zweigleisig werden. Auch eine Blockverdichtung ist vorgesehen, die für eine schnellere Zugfolge sorgen würde. Die Kosten dieser und weiterer Maßnahmen schätzt der Gutachter auf rund 370 Millionen Euro.

Auch der Personenverkehr könnte vom Ausbau profitieren, glaubt Rolf Beu, bahnpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion aus Bonn: "Bei einem durchgehend zweigleisigen Ausbau der Strecke Troisdorf nach Siegen würde der Personenverkehr im Siegtal zu den Gewinnern gehören." Für die Industrie im Siegerland könnte der Ausbau zur "Sicherung von Wirtschaftskraft und Lebensqualität" beitragen, weil auch "Güterzüge mit hohen und breiten Ladungen Siegen erreichen könnten", heißt es in einer Pressemitteilung des BMVI. "Es ist eine echte Win-Win-Situation: Die Entlastung des Mittelrheintals bringt für die Region Siegen die dort seit langer Zeit von der Industrie geforderte bessere Schienenanbindung", sagt Verkehrsminister Michael Groschek.

Ein zweiter Ausbauschritt würde sich vor allem um Gießen, Wetzlar und Hanau abspielen; zudem würde ein eigenes S-Bahn-Gleis zwischen Troisdorf und Hennef eingerichtet. Langfristig könne man außerdem mit einer neuen rechtsrheinischen Güterverkehrsstrecke zwischen Troisdorf und Mainz-Bischofsheim das Rheintal komplett entlasten, so der Gutachter. Nähere Informationen liegen dazu aber noch nicht vor.

Das Verkehrsministerium unterzieht den Vorschlag nun einer Kosten-Nutzen-Analyse. Besteht er die, wird er in das Gesamtkonzept aufgenommen, welches dann vom Bundestag abgestimmt wird. Bei der letzten Überprüfung im Jahr 2010 war der Ausbau der Strecke noch als unwirtschaftlich eingestuft worden.

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