Bezahlen mit dem Smartphone Das Handy als Kreditkarte

BONN · Smartphones sind der universelle Wegbegleiter des Menschen anno 2015. Die Nutzung als multimediale Fernbedienung, Fitnesstrainer und Nachrichtenübermittler ist bereits weit verbreitet.

 Smartphone raus statt Portemonnaie: Apps sollen künftig an der Kasse Bargeld und Karte ersetzen.

Smartphone raus statt Portemonnaie: Apps sollen künftig an der Kasse Bargeld und Karte ersetzen.

Foto: dpa

Immer hochauflösendere Kameras, immer mehr Speicherplatz, immer bessere Displays sind längst Standard für Neuvorstellungen. Auf dem gerade zu Ende gegangenen Mobile Word Congress in Barcelona diskutierte die Branche neue Möglichkeiten und war sich einig: In Zukunft wird das Smartphone zum Bargeld- und Geldkartenersatz.

Lange Warterei an der Supermarktkasse oder schwerwiegendes Münzgeld im Portemonnaie sollen der Vergangenheit angehören, wenn künftig einfach nur das Handy gezückt und kurz an ein Kontaktfeld gehalten werden muss, um die Zahlung in sekundenschnelle abzuwickeln. Nur für Einkäufe über 25 Euro braucht es eine Autorisierung in Form einer Pin oder des Fingerabdrucks.

Solange die Technik in beiden Endgeräten mitspielt. An dieser Stelle hakt es hierzulande noch, vor allem auf Seiten der Händler.

"Diese Entwicklung steckt bei uns noch in den Kinderschuhen", berichtet Uwe Stephan, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis. Außerhalb der großen Franchise-Händler sind nur die wenigsten Kassenterminals bereits mit der Funktechnik NFC (Near Field Communication) ausgestattet, die es für die mobile Bezahlung braucht. Der IT-Verband Bitkom schätzt, dass aktuell nur etwa fünf Prozent aller Kassen bundesweit diese Technik beherrscht.

Wo es sie gibt, da wird sie bislang kaum beworben und entsprechend selten genutzt. So erklärt die Rewe-Gruppe zwar, bereits einen Großteil der Kassen auf NFC-Technik umgestellt zu haben, viele Angestellte sind sich der neuen Bezahlform aber noch gar nicht bewusst. "Wir schulen unsere Mitarbeiter, sobald die Umstellung abgeschlossen ist", erklärte Andreas Krämer, Sprecher für die Penny- und Rewe-Supermärkte in Deutschland.

Aber auch die Smartphone-Branche hat Nachholbedarf, um dem Verbraucher die neue Technik schmackhaft zu machen. Denn wenn auch die neuesten Modelle allesamt mit NFC ausgestattet sind, so fehlt es an zufriedenstellender Software: Aktuell müssen Interessierte auf die Apps von Drittanbietern zurückgreifen, deren Funktionalität und vor allem Sicherheit variiert. Langsam ziehen nun die Marktführer Apple, Samsung und Google nach (siehe Zweittext auf dieser Seite).

"Vielleicht brauchen die Kunden erst wieder den Anreiz der großen Technikanbieter, um auf den Zug aufzuspringen", mutmaßt Uwe Stephan. Denn nicht nur die Händler seien bislang schlecht vorbereitet, auch die Nachfrage der Verbraucher bliebe weitgehend aus. Steffen von Blumröder von Bitkom sagt: "Relativ etabliert ist das Mobile Payment hierzulande nur in Tankstellen."

Hier haben fast alle großen Anbieter die technischen Möglichkeiten. Dennoch berichtet Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes: "Wir machen gerade die Beobachtung, dass wieder mehr mit Bargeld statt mit Karte oder eben dem Handy gezahlt wird." Etabliert? "Nicht wirklich, wir beobachten die Entwicklung, die ist für uns jedoch noch völlig ungewiss."

Dabei lägen die Vorteile für Branche und Nutzer durchaus auf der Hand. Darin sind sich die Beteiligten einig. "Unter dem Sicherheitsaspekt gibt es nichts besseres als digitales Bezahlen, Überfälle wären zwecklos", sagt Ziegner und Stephan ergänzt: "Bargeld kostet Geld. Je weniger davon im Laden ist, desto geringer sind Versicherungs- und Transportkosten." Für den Verbraucher soll alles vor allem kompakter, schneller, unkomplizierter werden. "Warten Sie, ich hab es passend." "Geben Sie die Geheimzahl bitte noch mal ein." Die Digitalisierung könnte bekannte Kassengespräche schon bald ablösen - dann heißt es vielleicht: "Warten Sie, ich muss noch meinen Akku aufladen."

Wie man mit dem Smartphone bezahlt

Mittlerweile sind vielerorts kleinere Geld-Transaktionen per Smartphone möglich. Etwa der Kauf von Fahrkarten im öffentlichen Nahverkehr oder das Überweisen von Spenden. Gerade bei geringen Beträgen ist die mobile Bezahlung eine komfortable Lösung. Das Bundesamt für Sicherheit in der Datentechnik empfiehlt aber, bei der Nutzung immer auch auf die Hinweise der Diensteanbieter zu achten und die Mobilfunkabrechnung jeden Monat intensiv auf falsche Abbuchungen zu überprüfen.

Bezahlvorgänge mit Mobiltelefonen können auf verschiedene Arten abgewickelt werden. Werden die Kosten für ein Produkt oder eine Dienstleistung über die Mobilfunkabrechnung eingetrieben, müssen Kunden eine kostenpflichtige Nummer, etwa mit 0900-Vorwahl, anrufen oder eine Premium-SMS (meist an fünfstellige Kurznummern) versenden.

Eine andere Möglichkeit ist das Bezahlen mittels App. entfällt das Senden einer SMS, der Kauf wird über die App und die Internetverbindung ausgelöst. Bezahldienstleister wie etwa Paypal eigene Apps an, über die Zahlungen abgewickelt werden können. Damit lassen sich auch Zahlungen von Anwender zu Anwender auslösen.

Umfrage zeigt: Mobiles Bezahlen für ÖPNV interessant

Viele Smartphone-Nutzer möchten ihr Gerät in Zukunft gerne als Zahlungshilfe benutzen. Das teilte der Hightech-Verband Bitkom in Berlin mit.

Am nachgefragtesten wäre laut der Umfrage im Auftrag des Verbands die Bezahlung über das Handy für Bus-, Bahn- oder Taxifahrten. 29 Prozent der Nutzer haben demnach Interesse, den Fahrpreis künftig so zu entrichten. Zudem würde etwa jeder vierte Smartphone-Nutzer gern Parktickets mobil bezahlen; 19 Prozent finden diese Möglichkeit für Freizeitaktivitäten, etwa Kino- oder Museumsbesuche, attraktiv.

In Cafés und Restaurants hingegen möchten nur sieben Prozent der Befragten ihr Smartphone an der Kasse nutzen. Beim Friseur oder Bäcker würden es immerhin 13 Prozent tun und 15 Prozent im klassischen Einzelhandel. 18 Prozent fänden einen Smartphone-Einsatz an der Tankstellenkasse praktisch.

Insgesamt sind laut Bitkom jüngere Befragte aufgeschlossener für mobiles Bezahlen als ältere.

In Zukunft würden solche Technologien "die Geldbörse komplett ersetzen", zeigte sich Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder überzeugt. Derzeit gebe es aber in Deutschland noch vergleichsweise wenige Stellen, die eine mobile Bezahlung akzeptierten. Länder wie die USA, Großbritannien oder Japan seien schon viel weiter. "Hier müssen wir in den nächsten Jahren aufholen", verlangte Rohleder.

Für die Erhebung wurden den Angaben zufolge im Februar 642 Smartphone-Nutzer ab 14 Jahren befragt.

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