Gemeinsame Einlagensicherung bis 2017 Brüssel greift deutsche Sparer an

BRÜSSEL · Jean-Claude Juncker hatte so lange über Flüchtlinge geredet, dass er seine Rede vor den Europa-Abgeordneten am Mittwoch dramatisch kürzen und andere Themen überspringen musste. Doch einen Punkt hielt er für so wichtig, dass er ihn doch noch aufgriff: "Ein gemeinschaftliches Einlagensicherungssystem ist dringend notwendig."

Neben jenen 211 Milliarden Euro, für die der deutsche Steuerzahler bisher schon zur Sanierung maroder Euroländer geradestehen muss, befürchten Banker und Experten nun den nächsten Angriff auf das Geld - dieses Mal wären die Sparer betroffen, die für unsolide finanzierte Geldhäuser vor allem im Süden der Union eintreten sollen.

Derzeit ist die Einlagensicherung auf nationaler Ebene organisiert, wenn auch nach gemeinschaftlichen Regeln, die gerade erst in Kraft getreten sind. Das aber reicht der Führungsspitze in Brüssel nicht.

Schon im Juni hatten die fünf Präsidenten Juncker (EU-Kommission), Donald Tusk (Rat), Martin Schulz (Parlament), Mario Draghi (Europäische Zentralbank) und Jeroen Dijsselbloem (Eurogruppe) einen ersten Vorstoß gewagt, waren aber in Berlin auf harten Widerstand gestoßen: "Eine über die bisherige Harmonisierung hinausgehende gemeinsame Einlagensicherung lehnen wir ab", teilte das Bundesfinanzministerium gestern mit.

Dabei wissen die Urheber der Idee in Brüssel sehr wohl, dass die existierenden Sicherungssysteme der Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich ausgeprägt sind, weil einige Länder wie Deutschland bereits eine solide ausgestaltete Einlagensicherung haben, andere noch nicht. Deshalb denkt der Kommissionspräsident auch eher an eine Rückversicherung für die nationalen Systeme, keine wirkliche Vollvergemeinschaftung.

Kritiker wie der CSU-Europa-Abgeordnete und Finanzmarktexperte Markus Ferber warnen trotzdem: "Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung wäre brandgefährlich. Es darf nicht sein, dass deutsche Sparer für Verluste der Banken in anderen EU-Ländern haften müssen."

Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon sprach sich ebenfalls dagegen aus, dass "Gelder, die wir für die Sparkassenkunden in Deutschland beiseitelegen, für Krisenbanken in anderen Staaten eingesetzt werden." Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, meinte: "Die Bankenunion darf keine Transferunion sein."

Aber die Versuchung, die Probleme griechischer, italienischer oder spanischer Banken durch einen Rückgriff auf die gut gefüllte deutsche Einlagensicherung zu lösen, ist groß. Schließlich sind die hiesigen Konten von privaten Kunden und Unternehmen mit 3,4 Billionen Euro gut gefüllt.

Seit dem Zusammenbruch der Herstatt-Bank 1976 hat in der Bundesrepublik kein Kunde mehr Geld verloren, weil sein Institut pleite ging. Sparkassen und Genossenschaftsbanken bauten sogar eine eigene Einlagensicherung auf und könnten jederzeit Problemhäuser im Verbund auffangen. Bis zu 100.000 Euro je Konto sind geschützt, der Sparer darf binnen weniger Tage mit Erstattung rechnen, falls es zum Äußersten käme.

Sollten die deutschen Institute aber auch für italienische oder griechische Häuser haften müssen, wäre nach Auffassung der Verbände nicht nur das Vertrauen zum Sparer getrübt, den Banken fehlte auch jede Möglichkeit, wie bisher auf eine solide Geschäftstätigkeit der Partner zu achten. Das soll zwar eigentlich die seit November 2014 arbeitende gemeinsame Bankenaufsicht leisten. Doch die hat es bisher nicht einmal geschafft, vorhandene Ungleichgewichte anzugehen.

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