Sicherer Blattschuss Zielen aufs Leinwandschwein im Schießkino Wachtberg

Wachtberg · Nicht nur Jäger und Sicherheitsfachleute trainieren mit ihren Waffen im Schießkino Wachtberg. Jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist, darf seine Treffsicherheit auf dem Schießstand testen.

 Heike Metternich hat Patronenhülsen nach dem Schießen aufgesammelt.

Heike Metternich hat Patronenhülsen nach dem Schießen aufgesammelt.

Foto: Ronald Friese

Eine Rotte Wildschweine rennt im Affenzahn durchs Dickicht. Doch dem sicheren Auge von Rolf Metternich können sie nicht entkommen. Er führt das Gewehr im selben Tempo mit. Ein ohrenbetäubender Schuss: Treffer. Allerdings läuft das Tier unbeirrt weiter, als wäre nichts geschehen. Die Erklärung: Die Sau ist zwar echt, flimmert aber in einem Film über die Leinwand. Metternich ist Chef des Schießkinos in Villip, wo vor allem Jäger den Umgang mit ihrer Büchse trainieren. Doch auch Privatleute können die 25 Meter lange Halle buchen.

Metternichs Vater war ein versierter Jäger, der selbst häufig ein Schießkino in Kerpen besuchte. Er dachte, dass in Wachtberg so etwas fehlt. Vor allem, wenn er an all die Jäger mit ihren Gewehren im Wald dachte. „Ohne zu üben, kann man kein Hobby beherrschen“, sagte der Senior und wollte ihnen die Gelegenheit dazu geben. Schließlich handele es sich um eine ernsthafte Sache: So mochte er es auch nicht, wenn jemand auf seiner 2006 erbauten Anlage das Wort “ballern„ benutzte. Derjenige konnte sofort wieder gehen. „Die Jägerei ist auch Verantwortung“, stößt sein Sohn Rolf ins selbe Horn. „Hege und Pflege schreibe ich sehr groß.“

Von links schreitet ein Hirsch in die drei mal acht Meter große Leinwand aus Papier: Sind irgendwann zu viele Einschusslöcher drin, wird eine neue Bahn aufgezogen. Rolf Metternich legt an, wartet, muss seine Waffe dann aber wieder absetzen. „Hier konnte ich keinen Treffer landen, das Holz war viel zu dicht“, sagt er. Ein paar Sekunden später tritt ein weiteres Männchen mit großem Schaufelgeweih mitten in die Lichtung. Das Gras raschelt, Holzäste knacken. Metternichs Schuss sitzt. Sofort stoppt der Film.

Über Infrarotlicht hinter der Leinwand lässt sich die Einschussstelle genau ausmachen, was mit einem roten Punkt auch auf den Monitoren der Standaufsicht – die ist Pflicht – zu sehen ist. „So kann man erkennen, wo das Tier getroffen wurde“, sagt der 56-Jährige. „Ein perfekter Schuss ist der Traum von jedem Jäger.“ Man müsse aber auch genau wissen, wohin man schießt, um das Tier nicht zu quälen.

Anlage vor knapp zwei Jahren erneuert

Metternich hat das Videosystem vor zwei Jahren komplett erneuert und mittlerweile 150 Filme aus allen Jahreszeiten auf Abruf auf der Festplatte – mal mit, mal ohne Laub, mit und ohne Schnee. Zu sehen sind auch Flugwild, Büffel und Elefanten. „Bei mir darf man sogar auf Wölfe schießen“, sagt Metternich. Es sei allerdings tabu, dass Menschen über die Leinwand flimmern. Zudem müssen Sicherheitsauflagen eingehalten werden: Alle müssen einen Ohrschutz tragen, Munition und Gewehre lagern in der gut gesicherten Waffenkammer, Feuerlöscher und Erste-Hilfe-Koffer sind griffbereit. „Wir unterliegen den Kontrollen der Polizeibehörden“, sagt Jäger Metternich.

Trotzdem passiert es hin und wieder mal, dass jemand aus Versehen in die Decke schießt oder vor sich in den Boden. Bei bis zu 7000 Joule des Großkalibers steckt die Kugel dann tief und unwiederbringlich fest. Den entstandenen Schaden lässt sich Metternich mit 50 Euro bezahlen. Das Geld reiche zwar nicht für die Renovierung, es solle aber auch eine Lehre sein, dass die Leute künftig besser aufpassen.

Schießkino als Nebenjob

Ihm zur Seite steht seine Frau Heike (54), die allerdings nie schießt. „Ich habe großen Respekt vor den Waffen.“ Sie arbeitet normalerweise in einer Berkumer Apotheke, er als Küchenleiter im Altenstift Limbach. Das Schießkino ist Nebenjob, von dem allein sie nicht leben können. Tochter Eva (27), die kürzlich die Waffenhandelslizenz erworben hat, arbeitet auch im Betrieb mit.

Derzeit ist es ruhig auf der Schießbahn. Doch wenn im Herbst die Drückjagdsaison beginnt, sind die Metternichs meist ausgebucht. Das liegt auch daran, dass man in NRW dafür einen Nachweis benötigt, der jährlich erneuert werden muss. „Ohne darf man an Gesellschaftsjagden nicht teilnehmen“, sagt Metternich. Bei der Prüfung müssen neun Schüsse sitzen, sie kann im Kino absolviert werden. Der 56-Jährige kann auch Zielscheiben projizieren, sodass dann vier Schützen gleichzeitig antreten können.

95 Prozent der Kunden sind Jäger aus Bonn und der weiteren Region, die meist ihre eigene Waffe mitbringen. Ansonsten darf jeder ab 18 Jahren schießen, wenn er vor Ort eine Tagesversicherung abschließt. Waffe und Munition werden dann auch zur Verfügung gestellt. So gab es schon die ein oder andere Weihnachtsfeier unterm leuchtenden Beamer, auch Sicherheitsdienste schicken ihre Leute gern vorbei. Wer will, kann im Bistro noch feiern und trinken. Bier gibt es aber nur nach dem Schießen. „Vorher nicht. Da achten wir ganz genau drauf“, sagt Heike Metternich.

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