Der Steiff-Tier-Experte Carsten Eßer Vom Wetten-dass-König zum Teddy-Kaiser

Wachtberg · Carsten Eßer aus Ließem ist ein weltweit anerkannter Experte für Steiff-Stofftiere. Er kennt sich auf diesem Terrain so gut aus, dass ihn sogar das Familienunternehmen Steiff regelmäßig um Rat fragt.

 Steiff-Tiere-Auktion in der Stadthalle: Der Hund Rattler wurde zwischen 1936 bis 1940 hergestellt.

Steiff-Tiere-Auktion in der Stadthalle: Der Hund Rattler wurde zwischen 1936 bis 1940 hergestellt.

Foto: Axel Vogel

Der Versuch, sich Carsten Eßer, dem Gründer des Auktionshauses Teddy-Dorado, zu nähern, ohne über Steiff-Tiere sprechen zu wollen, schien zunächst möglich. Schließlich ist es kein Geheimnis, sich vor einem Gespräch per allseits bekannter Suchmaschine einen Überblick zu verschaffen, welche Spuren der 46-jährige Diplom-Kaufmann schon im Internet hinterlassen hat. Egal, ob mit Doppel-S oder Eszett geschrieben, wird man auch schnell fündig: Pferde und Tennissport scheinen die Leidenschaften von Eßer zu sein, die bereits ein wenig über den Menschen aussagen könnten. Doch weit gefehlt. Springreiter und Tenniscrack sind Namensvetter.

Einzige Leidenschaft des in Schweinheim (Waldkrankenhaus) geborenen und heute mit Frau und zwei Töchtern in Ließem lebenden Carsten Eßer sind, ja, es geht nicht anders: Steiff-Tiere. Anders wäre es auch nicht möglich, dass er die bisher gefertigten 60 000, in den Anfängen meist mit Holzwolle ausgestopften und sorgsam genähten Kuscheltiere nicht nur zu unterscheiden weiß, sondern auch deren Entstehungsjahr und Eigenarten benennen kann. So genau, dass ihn das Familienunternehmen Steiff, das 1880 in Giengen an der Brenz auf dem von Margarete Steiff genähten Filz-Nadelkissen „Elefäntle“ seinen weltweiten Erfolg begründet, noch heute um Rat fragt, wenn es darum geht, wiederaufgetauchte historische Stofftiere einzuordnen.

Eßer kann sich kaum noch an seine Großmutter erinnern. Er war drei Jahre alt, als sie starb. Doch sie ließ ihn und seinen mehr als vier Jahre älteren Bruder allwöchentlich ein Kuscheltier aus einem Steiff-Katalog aussuchen, das sie dann beim nächsten Besuch mitbrachte. Schon mit kaum sieben Jahren fing er an, seine umfangreiche Sammlung von Plüschtieren auf Flohmärkten zu erweitern und in der Grundschule zu tauschen oder zu verkaufen. „Ein bisschen merkantil war ich schon immer“, erzählt Eßer schmunzelnd über seine frühen Erfolge. Seine Eltern tolerierten das ausgeprägte Kaufmannstalent. Er selbst sieht sich damit in der Nachfolge seines Großvaters, der noch vor dem Zweiten Weltkrieg „Feinkost Eßer“ auf der Kölner Hohen Straße betrieb.

Von seinem Vater, der zuletzt Vorsitzender Richter des Bonner Oberlandesgerichts war, hat er vielleicht dazu seine Entscheidungsfreudigkeit in den Genen. „Alles, was ich anfasste, musste klappen“, resümiert Eßer manche Erinnerung aus seiner Jugendzeit. Auch heute ist er davon überzeugt, dass sich alles erreichen lässt, wenn man es nur richtig anpackt. So beschreibt er auch seinen frühen Ruhm als Wettkönig bei „Wetten, dass …?“.

Praktikum in der Ideenschmiede von Frank Elstner

Unglücklich, dass er beim Schüleraustausch in Irland nur zum Schafehüten eingeteilt wurde, entschied er, stattdessen das Land per Interrail zu bereisen. In seiner Wahrnehmung kauten „alle Iren“ an Fingernägeln. Da kam ihm die Idee, sich per Postkarte aus Irland bei „Wetten, dass …?“ mit dem Vorschlag zu bewerben, fünf von 50 Freunden an ihren Fingern erkennen zu können, bewarb und nicht nur Wettkönig wurde, sondern zudem auch 10 000 D-Mark Preisgeld gewann. Viel Geld für den 17-Jährigen. Die Freude darüber wurde ihm nur vom Aloisiuskolleg genommen, wo man ihm, der kurz vor dem Abitur stand, nahelegte, einen Kirchenzehnten an die Schule abzutreten. Da er das verweigerte, wird er bis heute den Verdacht nicht los, dass dadurch sein sehr guter Notendurchschnitt erheblich verschlechtert wurde.

Doch das schnell verdiente Geld brachte ihn dazu, sich eine neue Wette auszudenken. Diesmal trat er mit der Behauptung an, drei von 33 Ländern am Geschmack ihrer Briefmarken zu erkennen. „So schwer ist das gar nicht“, so Eßer heute, „man bekam allerdings nur schnell Kopfschmerzen von dem Leim.“ Da sich seine Wette jedoch insbesondere für internationale Fernsehformate gut eignete, war der inzwischen an der Bonner Uni Volkswirtschaft studierende Eßer fortan in etwa 50 Ländern unterwegs und schmeckte sich durch die Gummierungen von Briefmarken dieser Welt und lebte nicht schlecht davon. „Im Nachhinein dachte ich oft, ich hätte mir besser Schokolade aussuchen sollen“, lacht Eßer und verrät, dass zum Beispiel irische Marken nach Pfefferminz und polnische nach Tabak schmecken. „Deutsche Marken schmecken eher schlecht und kleben auch nicht gut“, so sein Fazit.

Nach einem erfolgreichen Praktikum in der Ideenschmiede von Frank Elstner wäre er fast beim Fernsehen geblieben, wenn Zuhause nicht Tausende von Steifftieren, darunter auch lebensgroße Löwen und Giraffen auf ihn gewartet hätten. Um gemeinsam studieren zu können, ging Eßer mit seiner späteren Frau Marianne Adenäuer nach Tübingen. Dort konnten sie gemeinsam ihre Studien abschließen, sie ihr Medizin- und er sein VWL-Studium. Am kommenden 14. April wird Carsten Eßer wieder als Auktionator seines Teddy-Dorados Hunderte von Steiff-Pretiosen unter den Hammer bringen. Eine weltweite Aufmerksamkeit ist ihm gewiss.

Weitere Informationen unter www.teddydorado.de

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