Als es Brombeeren noch nicht im Laden gab Teilnehmer des Erzählcafés in Villiprott erinnern sich ans Sammeln

Villiprott · Im Rödder Treff reden die Teilnehmer über vergangene Zeiten und speziell über das Thema „Sammeln“. Auch Pferdeäpfel und Schafswolle wurden verwertet.

Was der Kunde heute im Supermarkt findet, haben die Leute früher an Wegrändern, im Wald oder Feld gesammelt. Beim Erzählcafé des Rödder Treffs erinnerten sich am Dienstag die Teilnehmer an die Zeit, in der Früchte und Pilze jeglicher Art noch in der Natur gesucht wurden. Bei Kaffe und teils selbst gebackenem Kuchen wurden Erinnerungen wieder lebendig.

Ursula Roer weiß noch genau, wie sie damals wilde Brombeeren und Himbeeren erntete: „Es hat lange gedauert, bis man einen Topf voll hatte.“ Marlies Heinen dagegen pflückte Pflaumen und Pfirsiche auf den eigenen Obstplantagen. Geschichten darüber, wie sie mit ihrem Bruder die Felder vor Dieben bewahren musste oder wie das Pferd, mit dem sie die vollen Obstkisten transportierten, durchging, brachten die gesamte Runde zum Lachen.

Natürlich wurde alles entweder gegessen oder verarbeitet: etwa zu Marmelade. Für das perfekte Holunderbeerengelée hatte jeder sein eigenes Rezept in der Schublade: Je nach Geschmack wurden (und werden auch heute noch) Äpfel, Vanilleschoten oder etwas Zitronensaft hinzugegeben.

„Wir haben früher alles gesammelt“, sagt Roer. So zupfte sie als Kind die Schafswolle, die an den Zäunen hing, ab. Ihre Mutter spann sie und strickte aus den Fäden dann Socken oder einen Pullover. Die Pferdeäpfel wurden mit Eimer und Schaufel von der Straße geholt und als Dünger für den Garten benutzt. Im Wald sammelte man Bucheckern, Maiglöckchen und Pilze. Selbst die Kartoffelkäfer, die damals eine große Plage auf den Feldern waren, mussten per Hand eingefangen werden und dienten danach als Futter für die Hühner.

Erzählen in entspannter Atmosphäre

Edith Schäfer, die mit ihrer Freundin Brigitte Wolf das erste Mal beim Erzählcafé dabei war, fühlte sich auf Anhieb wohl in der Gruppe: „Ich finde es schön, die Geschichten der anderen zu hören.“ Dagegen war Hildegard Alt, mit 90 Jahren die älteste Teilnehmerin, seit der Eröffnung vor zwei Jahren jedes Mal dabei. „Im Erzählcafé finden Altbürger und Neubürger zusammen“, sagte Organisator und Moderator Ulf Hausmanns. Er habe schon erlebt, wie sich alte Bekannte in dieser Runde wiedertrafen.

Dass das eigentliche Thema bei der lockeren und lustigen Atmosphäre von Zeit zu Zeit aus den Augen verloren wurde, machte alles nur noch interessanter. So sprachen die Teilnehmer nicht nur über das Sammeln, sondern auch über die Geschichte der Umgebung und über kleinere und größere Rivalitäten zwischen einzelnen Dörfern. Auch über die Idee einer örtlichen Nahversorgung der Anwohner von Villiprott diskutierte die Runde. Nach knapp zwei Stunden des Erzählens ließ die Gruppe den Nachmittag bei einer letzten Tasse Kaffee ausklingen, bevor sich jeder auf den Heimweg machte.

Das Erzählcafé findet abwechselnd in Villiprott und Villip statt. Jeden zweiten Dienstag im Monat beginnt das Treffen um 15.30 Uhr im Rödder Treff, Dorfstraße 24, in Villiprott. Jeden ersten Mittwoch im Monat ist das Treffen um 15 Uhr im Pfarrheim, Villiper Hauptstraße 36. Eine Anmeldung ist nicht nötig.

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