Chronik zu Wachtberg Szenen aus einem Jahrhundert Pecher Schule

Pech · Christa von Düsterlho hat die Handschriften einer mehr als 175 Jahre alten Pecher Schulchronik in ein neues Werk übertragen. Das Dorfporträt ist in der Schriftenreihe des Heimatvereins erschienen.

 Den Abriss des maroden Sanitärgebäudes besorgte Lehrer Reifferscheid am 16. und 17. Juni 1926 zusammen mit den Kindern höchstpersönlich.

Den Abriss des maroden Sanitärgebäudes besorgte Lehrer Reifferscheid am 16. und 17. Juni 1926 zusammen mit den Kindern höchstpersönlich.

Foto: Petra Reuter

Ein Bekannter hatte sie auf das Ursprungswerk aufmerksam gemacht. Als Christa von Düsterlho die ersten Zeilen der Pecher Schulchronik gelesen hatte, ließ das mehr als 175 Jahre alte Werk sie nicht mehr los. Weil so viele Dinge für heutige Generationen so ungewöhnlich und interessant waren, beschloss sie, einen Teil der Texte allgemein zugänglich zu machen. Sie übertrug die alten Schriften in aktuell lesbare Lettern und stellte besondere Abschnitte mitsamt den Reprographien einiger Fotos aus dem 20. Jahrhundert zu einem der „Dorfporträts“ zusammen, die der Heimatverein Pech in unregelmäßigen Abständen herausgibt.

„Ich musste mich erst in die Schriften einarbeiten, aber danach konnte ich es flüssig lesen“, berichtete die Geschäftsführerin des Vereins für Kunst und Kultur in Wachtberg, die auch im Heimatverein mitarbeitet. Handgeschrieben zeigt das Original ein Schriftenspektrum von der deutschen Kurrentschrift über Sütterlin bis zur lateinischen Schreibschrift, von denen letztere den meisten Menschen heute geläufig ist.

Der nun herausgegebene erste Teil der Chronik umfasst rund 100 Jahre von 1843 bis zum Kriegsende 1945. Neun Lehrer haben in dieser Zeit Schüler in Pech unterrichtet. Die meisten davon blieben lediglich zwei bis sechs Jahre. Nur Heinrich Toenessen, Peter Kurtenacker und Otto Reifferscheid begleiteten das Schulleben der Kinder jeweils über mehrere Jahrzehnte.

Erdbeben befürchtet

Eine klare Trennung zwischen Wissensvermittlung und geschichtlichem oder politischem Geschehen war seinerzeit nicht üblich. So wurden Geburtstage von Angehörigen herrschender Adelsgeschlechter und Gedenktage zur Kapitulation ehemaliger Kriegsfeinde ausgiebig in den Unterricht eingebracht, entsprechend gefeiert und die Einzelheiten dazu in der Chronik dokumentiert. Allerdings wurden auch ungewöhnliche Begebenheiten für die Nachwelt festgehalten.

So berichtet Lehrer Toenessen über einen Morgen, an dem er just die Kinder zur Ruhe gemahnt hatte, trotzdem jedoch ein merkwürdiges Geräusch zu hören war. Die Zweifel haben etwa eine halbe Minute gedauert, bis ein Zittern des ganzen Raumes spürbar wurde, berichtete der Lehrer im historischen Dokument. „Es folgte eine starke Vibration, die besonders an dem großen Schulofen und dem Katheder, worauf ich noch saß, fühlbar und fühlbarer wurde“, beschrieb er die erschreckende Situation. Ein starkes „Rollen und Poltern“ ließ ihn ein Erdbeben befürchten. Erschrocken habe er die Kinder angewiesen, sofort ins Freie zu laufen. Dort habe sich herausgestellt, dass Lärm und Erschütterung nicht von einem Erdbeben stammten, sondern von einem in der Nachbarschaft eingestürzten Kamin.

Massive Mängel an Sanitäranlagen

Otto Reifferscheid kam 1926 nach Pech, um dort sofort die massiven Mängel an den Sanitäranlagen festzustellen und als „direkt gesetzeswidrig“ anzuprangern. Die Aborte der Jungs und Mädchen seien lediglich durch eine Wand getrennt gewesen, das Urinal war offenbar für jeden einsehbar angebracht. Mit Mist, Unrat, Ratten, Mäusen und Ungeziefer verseucht und zudem halb verfallen, durfte das Gebäude von den Kindern vom ersten Tag seines Wirkens in Pech nicht mehr benutzt werden.

Weil die Gemeinde zwar Verständnis für das Problem, aber kein Geld für dessen Beseitigung hatte, lud Reifferscheid den Landrat von Hoppe zu einer Besichtigung ein. Der erteilte die „Erlaubnis zum sofortigen Abbruch“, den der Lehrer mit seinen Schülern höchstpersönlich erledigte. Von Hoppe sorgte für ein verbilligtes Darlehen und damit für den ersten Schritt zur Schulsanierung, die trotz der finanziellen Unterstützung nur mit vielen kostenfrei anfassenden Händen, dem Lehrer und den Schülern selbst bewerkstelligt wurde.

Das aktuelle Dorfporträt mit mehr Begebenheiten, Historie und Anekdoten kann man auf der Homepage des Heimatvereins Pech erwerben.

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