Schulprojekt in Wachtberg Spiel mit Ball und Buch

Wachtberg · Ein ungewöhnliches Projekt ist „kicken&lesen Köln“. Auf spielerische Weise sollen Jungs über den Fußball fürs Lesen begeistert werden - und es funktioniert tatsächlich.

 Die Jungs vom Berkumer Schulzentrum bekommen übers Fußballspielen Zugang zum Lesen und verbessern ihre Fähigkeiten.

Die Jungs vom Berkumer Schulzentrum bekommen übers Fußballspielen Zugang zum Lesen und verbessern ihre Fähigkeiten.

Foto: Stefan Knopp

Bei Betreten der Turnhalle der Hans-Dietrich-Genscher-Schule bot sich ein seltsames Bild: Turnmatten lagen auf dem Boden, darauf lasen je zwei Jungs laut einen Text von einem Blatt Papier – und zwar gleichzeitig. „Jede freie Minute spielte Lukas Fußball. Das ist bei Wenzel genauso.“ Wenzel ist ein fiktiver Jugendlicher, so alt wie die Leser, und er träumt von einem Treffen mit Fußballer Lukas Podolski.

Dann wurden die Matten wieder weggeräumt, und stattdessen gab es eine Fußball-Übungseinheit. Das ist das Konzept des Projekts „kicken&lesen Köln“ der SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn und des 1. FC Köln: Im Wechsel wurde gespielt und geschmökert, denn das, was die Jungs da machten, nennt sich „kicken&lesen Köln“. Seit Anfang des Schuljahres treffen sie sich dafür immer mittwochs nachmittags in der Turnhalle – auf freiwilliger Basis als AG. Auch Ausflüge zum 1. FC Köln und Treffen mit Spielern gehören dazu, an diesem Freitag nehmen sie sogar am Training teil.

Ziel des Spiels: Jungs auf den Lesegeschmack bringen und ihre Kompetenzen darin verbessern. „Am Anfang des Schuljahres haben wir einen Test gemacht“, sagte Matin (11). Die teilnehmenden Schüler wurden danach in zwei Gruppen sortiert: Die, die besser lesen konnten, wurden Trainer, die schlechteren Spieler. Dann wurde aus jeder Gruppe einer zu einem Tandem zusammengeführt, die seitdem immer zusammen lesen. „Die Spieler geben das Tempo vor, die Trainer müssen sich daran anpassen und Fehler korrigieren“, so Matin.

Jungs sind in Statistiken auffälliger

Er ist eine Leseratte und deshalb Trainer, genau wie David (11) und Nico (12). „Ich mag gerne Fußball und spiele in einem Verein“, erzählte David. Mit den Büchern hatte er es bislang nicht so, aber: „Seit ich hier bin, habe ich gemerkt, dass auch Lesen Spaß macht. Seitdem lese ich viel mehr.“

Alle Teilnehmer, die aus zwei fünften Klassen kommen, bilden eine „Mannschaft“, und in der versteht man sich laut Nico gut. Das habe sich seit Schuljahresbeginn auch im Schulalltag niedergeschlagen. „Seitdem machen die beiden Klassen auch in den Pausen mehr miteinander.“ Dass die Mannschaft in stärkere und schwächere Leser eingeteilt wird, sei kein Problem.

Niklas kann das bestätigen. Der 13-Jährige gehört zu den Spielern, peinlich ist ihm das nicht. „Mir war eigentlich klar, dass ich in diese Gruppe gehen würde.“ Seine Lesefähigkeit habe sich seitdem verbessert, und er habe auch deutlich mehr Lust überhaupt zu lesen. „Das Projekt funktioniert gut“.

An der Berkumer Schule, die zusammen mit der Georg-von Boeselager-Schule Swisttal aus dem Rhein-Sieg-Kreis an dem Projekt teilnimmt, arbeiten Deutschlehrerin Tina Porath und Sportlehrer Jonas Güdelhöfer mit den Jungs. Zielgruppe sind laut Kolja Schulz von der SK Stiftung Kultur „Fünftklässler mit dem Leseniveau von Drittklässlern“. Neben anderen Sponsoren ist auch der Rhein-Sieg-Kreis an Bord. „Jungs sind in den Statistiken deutlich auffälliger“, sagte Elisabeth Wilhelmi-Dietrich vom Jugendamt des Rhein-Sieg-Kreises.

Die Förderung des Kreises ist aber Rainer Land vom Kultur- und Sportamt zufolge erst mal auf dieses Schuljahr beschränkt, dann kommen erst mal die anderen beiden Jugendhilfezentren dran. Schulleiter Hendrik Heimbach will es aber schulintern weiterführen, und Lehrerin Pulath hat das Konzept sowieso schon in den Unterricht integriert – auch für Mädchen.

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