Ausgrabungen aus der Grube Messel Millionen Jahre alte Funde in Niederbachem ausgestellt

Niederbachem · Eine spannende Ausstellung in Heimatkundlicher Sammlung gibt Einblick ins Ökosystem vor 48 Millionen Jahren. Ausgestellt sind unter anderem versteinerte Fische wie der Knochenhecht.

 Fossil einer Fledermaus.

Fossil einer Fledermaus.

Foto: Stefan Knopp

Für Paläoanthropologen wie Thomas Lehmann ist die Grube Messel ein absoluter Glücksfall: Nur in ganz wenigen anderen Gegenden der Erde finden sie dermaßen gut erhaltene Fossilien. Etwa die von Ailuravus macrurus: Ein Nager, so groß wie Murmeltier und mit langem Schwanz, der vor 48 Millionen Jahren auf Bäumen lebte. Er ist so gut konserviert, dass man sein Fell erkennen und bestimmen kann, dass er sich ausschließlich von Blättern ernährt hat. Er und andere Fossilien sind derzeit in der Heimatkundlichen Sammlung Niederbachem ausgestellt.

Seit 1975 ist das Frankfurter Forschungsinstitut Senckenberg mit den Ausgrabungen in der hessischen Grube betraut. Dort hatten Hans und Angela Thelen vorgesprochen, nachdem sie mit weiteren Mitgliedern des Heimatvereins Niederbachem die Fundstätte besichtigt hatten und begeistert waren. Mit ihrem Ansinnen, einige fossile Exponate aus dem Naturmuseum des Instituts in Niederbachem auszustellen, stießen sie zu ihrer eigenen Überraschung auf offene Ohren.

In drei Glasvitrinen sieht man jetzt versteinerte Tiere, die vor 48 bis 47 Millionen Jahren im Erdzeitalter Eozän dort lebten, wo heute die Grube ist. Die war laut Lehmann, der die Ausstellung mit einem Vortrag eröffnete, damals noch ein Maar, also ein nach seiner Schätzung mindestens 400 Meter tiefer, durch eine Wasserdampfexplosion entstandener See ohne Zufluss, der aus mehreren flüssigen Schichten bestand. Kein Licht drang bis zum Boden. Dort, im sauerstoffarmen Wasser, wurden die Körper aller möglicher Tiere, die – aus welchen Gründen auch immer – auf den sedimenthaltigen Grund sanken, konserviert. Solche perfekten Bedingungen, durch die man sogar den Mageninhalt der Tiere bestimmen kann, gibt es dem Fachmann zufolge nur ein Dutzend Mal weltweit, weshalb Messel von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt wurde.

Ausgestellt sind auch Fische wie der Knochenhecht sowie Bodenlebewesen, etwa ein igelähnliches Säugetier, eine kleine Boa und zwei Versionen der Messelralle sowie Fledermäuse als Luftbewohner. Dass die Messelralle so heißt, liegt daran, dass sie erstmals in der Grube gefunden wurde – sie konnte genauso gut aber auch den Landstrich bewohnt haben, der heute das Drachenfelser Ländchen bildet. Die Klimabedingungen waren damals andere: Der heutige deutsche Boden, so Lehmann, lag südlicher, etwa auf der Höhe Siziliens, und bestand aus vielen kleinen Inseln. Es herrschten paratropische Klimabedingungen. Lehmann zufolge war das die wärmste Zeit in den letzen 65 Millionen Jahren, in der es auch an den Polkappen kein Eis gab.

„Jedes Tier bietet viele Informationen“, sagte Lehmann. Und zwar nicht nur über das Tier selbst, sondern auch über das damalige Ökosystem. Schon damals hatten sich Nagetiere Nischen erschlossen. Das eine fraß nur Blätter, das andere Samen und Früchte. Es war die Zeit, in der sich die Nager noch in Konkurrenz zu den Multituberculata befanden. Dabei handelt es sich um Säugetiere aus der Zeit der Dinosaurier, die am Ende des Eozän ausstarben. Das älteste Fossil aus der Grube ist das eines Krokodils, und auch ein gut erhaltenes Urpferdchen, das „Wappentier“ des Forschungsinstituts, fand man im Boden. Beides hatte in der Ausstellung leider keinen Platz. Sie ist bis Ende April beim Heimatverein Niederbachem, Mehlemer Straße 3, zu sehen. Öffnungszeiten unter02 28/34 17 87.

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