Hochwasserschutz in Wachtberg Mehr Abflussgräben gefordert

Wachtberg-Fritzdorf · Fritzdorf hatte das letzte Unwetter besonders hart getroffen, was viele Betroffene nach unterschiedlichen Schutzmaßnahmen rufen lässt

 Die Unwetterfluten vom 4. Juni hatten einen Teil des Hangs der Marechals an der Windmühlenstraße weggerissen. Jean-Claude Marechal zeigt, bis wohin der Hang einst ging.

Die Unwetterfluten vom 4. Juni hatten einen Teil des Hangs der Marechals an der Windmühlenstraße weggerissen. Jean-Claude Marechal zeigt, bis wohin der Hang einst ging.

Foto: Axel Vogel

Was kann getan werden, um künftig Unwetterfolgen in Fritzdorf zu minimieren? Die Frage bewegt viele Bewohner. Fritzdorf gehörte neben Werthhoven zu den beiden Wachtberger Orten, die die verheerende Unwetterzelle über der Grafschaft am 4. Juni noch gestreift hatte. Mit schlimmen Folgen: Rund 50 Keller standen hier unter Wasser. Etwa ein Viertel der 200 Feuerwehreinsätze entfielen an dem Tag allein auf Fritzdorf, wo schon die Unwetter 2010 und 2013 schwere Schäden angerichtet hatten.

Betroffen waren in diesem Jahr auch Jean-Claude Marechal und seine Frau Joan O'Malley-Marechal. Über ihr Grundstück an der Windmühlenstraße hatte sich eine regelrechte Flut ergossen. In ihre vermietete Einliegerwohnung drang Wasser ein, ein Teil ihres Gartens zur Straße hin wurde weggerissen.

Das Ehepaar berichtet, dass ihm ein Schaden von mehreren Tausend Euro entstanden sei. Die Ursache steht für die beiden auch fest: Angrenzende Flächen, die oberhalb ihres Grundstücks liegen, seien durch eine intensive landwirtschaftliche Nutzung wie Brombeerkulturen mit Folien und Schutznetzen derart versiegelt, dass größere Regenmengen kaum mehr versickern könnten.

Zudem habe ein von dem Landwirt verlegtes Entwässerungsrohr über das Grundstück einer Nachbarin die Situation noch verschlimmert. Es endet in einem offenen Entwässerungsgraben an der Windmühlenstraße – just vor der Haustür der Einliegerwohnung der Marechals. Der Schutzwall, den die beiden vor Jahren gegen Wassereinbrüche gebaut hatten, war chancenlos.

Das Problem mit den intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen sei lange bekannt, so Joan O'Malley-Marechal. Seit 2002 wohnt sie mit ihrem Mann in Fritzdorf, anfangs habe es keine Probleme gegeben. Doch kurz nachdem auf dem oberhalb liegenden Nachbargrundstück Obstbäume gerodet und durch Brombeeranpflanzungen ersetzt worden seien, habe es erste Überflutungen bei einer Nachbarin und ihnen gegeben, sagt O'Malley-Marechal.

Zwar sei man immer wieder im Gespräch mit dem Landwirt gewesen. Für Joan O'Malley-Marechal blieb aber trotz des geforderten und verlegten Entwässerungsrohres ein grundlegender Fehler bestehen: „Hier wurde eine Fläche ohne Drainage und Schutz der Anwohner versiegelt.“ Das habe dann in der Konsequenz 2010, 2013 und gleich drei Mal im Jahr 2016 zu den Überschwemmungen auf ihrem Grundstück beigetragen. Und nicht nur dort. Andere Keller an der Windmühlenstraße standen ebenfalls unter Wasser.

Anwohner Armin Schäfer hat jetzt als Reaktion sein Grundstück zur Straßenseite teils mit Wällen geschützt. Aus Sicht von Joan O'Malley-Marechal muss aber mehr passieren. Sie wünscht sich eine Neubewertung der Situation der landwirtschaftlichen Flächen durch die Gemeinde beziehungsweise die Landwirtschaftskammer.

Fritzdorf wurde "flächig geflutet"

Von einem „Frontalangriff“ spricht Wachtbergs Beigeordneter Jörg Ostermann, wenn er das Unwetter in Fritzdorf Revue passieren lässt. „Der Ort ist flächig geflutet worden und selbst Alteingesessene haben gesagt, sie hätten so etwas noch nicht erlebt.“ Erst unterhalb der Ortslage hätten sich die Fluten wieder an den Gewässern orientiert. 74 Liter prasselten auf den Quadratmeter nieder.

Zur Kritik an den landwirtschaftlichen Flächen sagte Ostermann zu, den Kontakt zur Landwirtschaftskammer zu suchen. Abhilfe könnte in den kommenden Jahren eine Idee aus den Achtzigern schaffen. Es gab den Vorschlag eines Grabensystems für das südliche Fritzdorf, allerdings aus einem anderen Anlass. „Es ging darum, dass aus Fritzdorf zu viel sauberes Wasser in die Kläranlage Arzdorf gelangte“, so Ostermann. Dieses Wasser sollte aus dem Kanalnetz herausgehalten werden, um hydraulische Überlastungen zu vermeiden und den Betrieb auf der Kläranlage zu stabilisieren.

Damals sei das Projekt an den Kosten und dem Flächenankauf gescheitert. „Wir haben ein Büro beauftragt, die Pläne zu aktualisieren und alles neu zu vermessen.“ Über eine mögliche Förderung könne man mit der Bezirksregierung Köln sprechen. Einen Zeitpunkt für eine mögliche Umsetzung kann Ostermann noch nicht nennen. Die Ausschüsse und der Gemeinderat würden sich jetzt mit den Planungen für die betroffenen Ortschaften befassen und Schutzziele benennen müssen.

Alte Gräben instand setzen

Aus Sicht von Joachim Heinrich, Vorsitzender der Ortsvertretung Fritzdorf, braucht man aber zunächst keine neuen Gräben zu ziehen, sondern kann möglicherweise alte Entwässerungsgräben wieder instand setzen: „Alteingesessene Landwirte haben Pläne von diesen Gräben.“ Seiner Meinung nach würde eine Reaktivierung dieser Anlangen zwar keine Überflutung wie die am 4. Juni verhindern; möglicherweise aber die Wassermassen geordneter abführen. Daher rät Heinrich, zuerst die „Graben-Lösung“ zu prüfen und nicht zuerst den Straßenausbau Am Zippenacker (2017), an der Windmühlenstraße (2018) sowie Auf dem Scheidt und der Raiffeisenstraße (2019) voranzutreiben.

Dieser Ausbau, der laut Gemeinde die Fluten besser abführt, wäre für Heinrich „der zweite Schritt vor dem ersten“. Zumal die unwettergeschädigten Anlieger, die zu 80 Prozent die Kosten tragen müssten, zusätzlich belastet würden.

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