Vielbesungener Pädagoge Lehrer Welsch stammt aus Arzdorf

WACHTBERG-ARZDORF · Lehrer Heinrich Welsch muss eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen sein. Streng und verständnisvoll, mit einem Herz für Arme und Schwache - und stets einem Bonbon für die Kinder in der Tasche. Das Karnevalslied "En d'r Kayjass Nummero Null" hat ihn unsterblich gemacht.

 Lehrer Heinrich Welsch inmitten seiner Schüler: Das Foto aus dem Wachtberger Gemeindearchiv ist vermutlich vor 1880 in Köln entstanden, wo er vor seinem Wechsel nach Kalk unterrichtet hat.

Lehrer Heinrich Welsch inmitten seiner Schüler: Das Foto aus dem Wachtberger Gemeindearchiv ist vermutlich vor 1880 in Köln entstanden, wo er vor seinem Wechsel nach Kalk unterrichtet hat.

Foto: privat

Aufgewachsen ist der berühmte Pädagoge in Arzdorf. Selbstverständlich war hier der halbe Ort auf den Beinen, als die Wachtberger Gemeindearchivarin Barbara Hausmanns im Bürgertreff über sein Leben sprach. Die Zuhörer im Lehrer-Welsch-Saal konnten gar nicht anders, als den Refrain des bekannten Liedes mitzusummen: "Dreimol Null es Null es Null..."

Heinrich Welsch ist ein gutes Beispiel dafür, was Kinder durch Bildung erreichen können. Er wurde am 29. Mai 1848 als erstes von fünf Kindern einer Bauernfamilie geboren, der kleine Viereckshof am Ortseingang von Arzdorf ist heute noch erhalten. Rund 220 Menschen bewohnten zu dieser Zeit die 46 Häuser des Ortes, so die Gemeindearchivarin. Der kleine Heinrich wurde von seinem Großvater geprägt, der seinen Enkeln bei der Arbeit beiläufig Gebete und christliche Lehrstücke näherbrachte. "Hier sind sicher die Wurzeln für seine spätere, ganz selbstverständlich praktizierte christliche Nächstenliebe zu finden", sagt Barbara Hausmanns. Sie hat umfangreiches Material zu Lehrer Welsch archiviert und mit Nachkommen gesprochen.

Seit 1825 gab es im Rheinland die allgemeine Schulpflicht. Heinrich und seine Geschwister mussten zwar auf dem Acker helfen, aber mit Hilfslehrer Ferdinand Linden, der in der kleinen Arzdorfer Schule unterrichtete, hatten sie Glück. "Die Kinder nahmen das, was ihnen für das Leben nötig war, aus der Schule mit ins Leben", schreibt Welsch in seinen Erinnerungen. Bei den "geprüften Herren Lehrern" hingegen hätten sich die Schüler gelangweilt. Einem, der sie mit Schlägen quälte, schlugen die Arzdorfer sogar die Fenster ein.

Heinrich Welsch absolviert seine weitere Ausbildung in katholischen Schulen bis hin zum Lehrerseminar. Studiert hat er, vermutlich aus finanziellen Gründen, nicht. Er leitete zunächst ein Pensionat für verwaiste Jungen in Koblenz und wurde mit 24 Jahren Hauslehrer der Familie von Fürstenberg in Schloss Körtlinghausen im Sauerland. Als deren Söhne aufs Gymnasium wechselten, ging Welsch als Lehrer nach Köln. Seine Bestimmung fand er im rasant wachsenden Industriestandort Kalk, wo er von 1881 an tätig war. Der großen Armut und der fehlenden Förderung der Kinder trat er 1905 mit der Gründung einer Hilfsschule für lernbehinderte Schüler entgegen, die er mit praxisnahem Unterricht und Berufsvorbereitung förderte. Und nicht nur das: Er sorgte dafür, dass "ledige Mütter" in ihre Familien zurückkehren konnten und war Mitbegründer der Volksbibliothek.

1886 heiratete Welsch die Lehrerin Katharina Zentner, die aus Klein-Villip stammte. Er schrieb: "Sie hatte Kopf, Herz und Hände auf dem rechten Fleck. Sie ist mir ein wahres Gottesgeschenk." Wegen der Zölibatsklausel für Lehrerinnen musste Katharina Welsch ihren Beruf aufgeben. Von fünf Kindern starben drei im Baby- oder Kleinkindalter. Tochter Martha heiratete einen österreichischen Adeligen. Maria Welsch, später Küpper, kehrte 1943 aus Köln nach Arzdorf zurück und ist dort als kinderlose "Tante" vielen in Erinnerung. "Heute gibt es keinen direkten Nachfahren des Lehrers Heinrich Welsch mehr in Arzdorf", berichtet Hausmanns. Heinrich Welsch starb im Alter von 87 Jahren und wurde auf dem Kölner Friedhof am Kratzweg beigesetzt. Seine Schüler haben viel gelernt, denn mathematisch ist auch der freche Liedvers richtig: Drei mal Null ist tatsächlich Null.

Das Lied

"En d'r Kayjass Nummero Null" gehört zu den bekanntesten kölschen Karnevalsliedern überhaupt. Komponiert wurde das Lied für die Session 1938/39 von den "Drei Laachduve" Will Herkenrath, Hermann Kläser und Heinz Jung. Sie stammten selbst aus Kalk und haben den Lehrer wohl gekannt. Für ihr Lied versetzten sie ihn aber ins linksrheinische Köln, in die Kaygasse. Die Gegend war ein sozialer Brennpunkt, ähnlich wie das Milieu in Kalk. Bekannt wurde das Lied nach dem Zweiten Weltkrieg durch die "Vier Botze", zu denen Hans Süper senior und Richard Engel, der Vater von Tommy Engel von den Bläck Fööss, gehörten. Die Söhne trugen den Hit weiter. Ein Ausschnitt aus dem Text (erste Strophe und Refrain):

En d'r Kayjass Nummero Null

steit en steinahl Schull

Un do hammer dren studiert.

Unsere Lehrer, dä heess Welsch,

sproch e unverfälschtes Kölsch

Un do hammer bei jeliehrt.

Joh un mer han off hin un her üvverlaat

un han för dä Lehrer jesaat:

Nä, nä, dat wesse mer nit mih, janz bestemp nit mih,

Un dat hammer nit studiert.

Denn mer woren beim Lehrer Welsch en d'r Klass

Do hammer sujet nit jeliehrt.

Dreimol Null es Null es Null

Denn mer woren en d'r Kayjass en d'r Schull

Dreimol Null es Null es Null

Denn mer woren en d'r Kayjass en d'r Schull.

Jecke Termine

Jetzt beginnt der Straßenkarneval: Der Mehlemer Zug setzt sich heute, Samstag, ab 14.11 Uhr in der Dietrich-Glauner-Straße in Bewegung. In Schweinheim ziehen die Jecken morgen, Sonntag, ab 14 Uhr in der Axenfeldstraße los. Die Wachtberger müssen noch eine Woche auf Kamelleregen warten. Dafür gibt es heute ab 20 Uhr eine Südseeparty im Berkumer Limbachsaal. Kinder können morgen im Dorfsaal Gimmersdorf oder im Henseler Hof Niederbachem feiern. Einlass ist jeweils um 14 Uhr.

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