Posse aus Wachtberg Hausverbot für Bürgermeisterin

WACHTBERG · Ein Villiper Hotelier schließt Renate Offergeld von allen Veranstaltungen aus - ein in der Region beispielloser Vorgang. Offensichtlich liegt der Streit schon etwas länger zurück. Der Hotelier äußert sich nicht.

Man stelle sich vor: Einen der größten Veranstaltungsorte einer Gemeinde, den zahlreiche Vereine und Organisationen zu ihren Konzerten, Mitgliederversammlungen und Karnevalssitzung nutzen, darf ausgerechnet der Bürgermeister der Gemeinde nicht mehr besuchen, und das trotz ausdrücklicher Einladung des Veranstalters: Ein Hausverbot des Hauseigentümers hindert ihn nämlich daran. So geschehen in Wachtberg, wo Bürgermeisterin Renate Offergeld das Hotel Görres in Villip wegen eines Hausverbotes seit geraumer Zeit nicht mehr betreten darf. In der Region Bonn/Rhein-Sieg und Ahrweiler ein recht beispielloser Vorgang.

Wie der General-Anzeiger aus verlässlicher Quelle erfuhr, eskalierte die Situation unlängst bei einer Veranstaltung der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg, einer der größten Vereine in der Region, am 4. November. Bürgermeisterin Offergeld war eingeladen, ein Grußwort zu sprechen. Doch Inhaber und Hotelier Peter Görres habe bereits im Vorfeld während der Abstimmungsmodalitäten mit Helmut Hergarten, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund, klar gemacht, dass „Frau Offergeld Hausverbot hat“. Hergarten: „So etwas habe ich noch nie erlebt.“

Kein Grußwort bei der Haus & Grund

Für Hergarten ist solch ein Verhalten auch deshalb unverständlich, weil der Wirt mit einem solchen Eingriff in die Einladungspraxis seiner Kunden auf Dauer auf Einnahmen verzichte, weil „sicher 50 Prozent seiner Gäste auf einen Besuch verzichten wird“. Gleichwohl ging Haus & Grund auf die ungewöhnlichen Auflagen des Hoteliers ein und führte die Veranstaltung ohne Bürgermeisterin durch. Allerdings kündigte der Hauptgeschäftsführer an: „Wir werden dieses Hotel zukünftig nicht mehr als Veranstaltungsort nutzen.“ Haus & Grund fragte Offergeld bereits nach einem alternativen Veranstaltungsort in ihrer Gemeinde.

Offergeld schildert den Vorgang auf Anfrage wie folgt: „Die Einladung von Haus & Grund zu der traditionellen Veranstaltung ist am 1. März eingegangen.“ In der Einladung sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es gute Tradition sei, dass die Veranstaltung vom Bürgermeister eröffnet wird. „Ich habe die Einladung zunächst auf Wiedervorlage gelegt, den Termin allerdings schon eingetragen.“ Als Haus & Grund die Teilnahme der Bürgermeisterin abklären wollte, habe sie bereits mitgeteilt, „dass ein Hausverbot meine Teilnahme leider nicht möglich macht“.

Offergeld schaltet den Anwalt ein

Vor einiger Zeit habe der Hotelier sie mit einem Hausverbot belegt, „allerdings nie schriftlich“, so die SPD-Politikerin weiter. Auf die Gründe für das Verbot angesprochen, wollte sie nicht detailliert Stellung nehmen. Auch der Hotelier selbst ließ eine Gesprächsanfrage des General-Anzeigers bislang unbeantwortet.

Was die Haus & Grund-Einladung anging, bat Offergeld um Verständnis, „dass ich aufgrund der Situation keinen Stellvertreter bitten würde, den Termin wahrzunehmen“.

Für Wachtbergs erste Bürgerin bleibt das Ganze ein höchst leidiges Problem, weil viele große Veranstaltungen im Hotel Görres stattgefunden haben – und vor allem noch werden. Wichtig sei etwa die Mitgliederversammlung des DRK Wachtberg am 15. Dezember. Da Renate Offergeld nicht nur Mitglied im DRK ist, sondern nach einigen Turbulenzen in dem Ortsverein auch eine wichtige Tagesordnung ansteht, sagt sie: „Ich werde auf jeden Fall in meiner jetzigen Funktion an der Mitgliederversammlung teilnehmen.“ Daher wird Offergeld jetzt auch rechtliche Schritte gegen Görres prüfen.

Solidarität aus allen Parteien

In der Wachtberger Politik ist das Unverständnis über das Verhalten des Hoteliers groß. Jürgen Kleikamp: „Ich finde das auch als CDU-Mitglied eine Riesensauerei. Es kann einfach nicht sein, dass ein x-beliebiger Kneipier eine demokratisch gewählte Bürgermeisterin an ihrer Amtsausübung hindert. Da hat Frau Offergeld meine volle Solidarität.“

Ingo Steiner (Grüne) findet: „Es ist natürlich das Recht eines jeden Hausherren zu entscheiden, wer sein Gast ist. Aber ein Hausverbot bedarf nachvollziehbarer, wichtiger Gründe. Diese sehe ich hier nicht. Ein kluger Gastronom ist gut beraten, persönliche Empfindsamkeit und Geschäft zu trennen, insbesondere wenn es sich um eine demokratisch gewählte Bürgermeisterin handelt.“

„Der Vorgang ist zweifellos ungewöhnlich“, so Joachim Mittweg (UWG). „Wir kennen die Hintergründe nicht. Um ein derartiges Verhalten zu erklären und möglicherweise sogar wirtschaftlichen Schaden in Kauf zu nehmen, müssen schon gravierende Gründe vorliegen. Es wäre interessant zu wissen, was vorgefallen ist. Natürlich ist es dem Wirt freigestellt, sein Hausrecht auszuüben.“

Was auch immer der Grund der offensichtlichen Streitigkeit zwischen dem Hotelier und der Bürgermeisterin ist, für Bernd Becker (SPD) „ist ein Hausverbot für die erste Bürgerin der Gemeinde eine völlig unangemessene und unverhältnismäßige Reaktion“, so Becker: „Jeder der Frau Offergeld kennt, weiß, dass sie auf Menschen zugeht und auch bei Konflikten den Ausgleich sucht und stets zu Gesprächen und Kompromissen bereit ist.“ Die SPD-Fraktion werde dort bis zu einer möglichen Klärung der Sache nicht mehr dort tagen.

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