Rege Beteiligung Erzählcafé feiert Premiere in Holzem

Wachtberg · Wenn viele zusammenkommen, die familiär mit einem Ort verbunden sind, dann kommen viele Geschichten zusammen. Das zeigte sich beim ersten Erzählcafé in Wachtberg-Holzem.

 Die Raaf-Kapelle heute.

Die Raaf-Kapelle heute.

Foto: Petra Reuter

Die Erzählcafés im Ländchen erfreuen sich großer Beliebtheit. So erwies sich seine Premiere in Holzem am Tage des Patroziniums der kleinen Kapelle wieder als sprudelnder Quell des Wissens um einen der kleinsten Orte der Gemeinde Wachtberg. Hans-Peter Meurer hatte großzügig einen Raum für den Nachmittag zur Verfügung gestellt. Kaffee und selbst gebackene Kuchen servierten die Aktiven des Heimatvereins, der Vorsitzende Ulf Hausmanns, Mira Schwarzenberger, Margret Schmitz und Alexander Matz. Die rege Beteiligung der Besucher ließ hoffen, dass dieser Premiere weitere fruchtreiche Treffen folgen werden.

Das Thema dieses Nachmittags, nämlich das Leben mit, in und um die Nepomuk Kapelle vor und nach den Kriegszeiten, produzierte schnell interessante Ergebnisse. Viele erinnerten sich an Reste der Wohnstatt einer der bekanntesten Persönlichkeiten Wachtbergs und gleichzeitig des Stifters der Kapelle.

Der Tenor Anton Raaff, für den Zeitgenossen wie Johann Christian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart geschrieben hatten, hatte hier seine Kindheit verbracht. Kurz nach seiner Geburt als Sohn des Gutsverwalters der Burg Gudenau 1714 hatten seine Eltern mit ihm einen der beiden damals nachweislich existierenden Höfe bezogen.

Glockenhell singende Stimme

Im „Unteren Hof“, später Krahnhof genannt, hatte er gelebt, bis dem Gutsherrn durch Zufall im Vorbeireiten seine glockenhell singende Stimme beim Pflügen des elterlichen Feldes aufgefallen sein soll. Darauf ließ man dem Jungen eine fundierte Ausbildung angedeihen, die ihn schließlich auf die Bühnen der seinerzeit bekannten Welt brachte.

„In alten Karten sind nur diese beiden Höfe und zwei Rechtecke eingezeichnet“, erinnerte sich der Holzemer Günter Göddecke. Die Rechtecke könnten Häuser oder andere kleinere Anwesen dargestellt haben. Allerdings erinnerte sich eine Besucherin an den Bericht ihrer Großmutter, die ihr von einem kleinen Kloster in Holzem erzählt hatte. Ein Brunnen, der dort in der Nähe ausgeschachtet und eingefasst worden war, spräche dafür. Der Hof der Familie des Kapellenstifters jedenfalls habe in Teilen noch bis in die 1950er Jahre gestanden, berichteten die Cafégäste mit großer Übereinstimmung.

In heiteren Gesprächen fielen einigen auch die gefährlichen Schwarzschlachtungen auf den Höfen ein, die überlebensnotwendig waren. War ein Amtsträger auf das verbotene Unterfangen aufmerksam geworden, so munkelt man, habe man diesen mit einer „passenden Zuwendung“ besänftigt.

Zudem hatte es eine Samtweberei hier gegeben, deren Geschichte die Gäste im Erzählcafé interessiert verfolgten. „Wie heute das Gelb des Raps blüht, blühte hier früher das Blau des Flachs“, vermutete Hausmanns. Der Samt nämlich wurde dreidimensional gewebt. Ein Teil des entstandenen Stoffs bestand aus Leinen, der andere aus edler Seide. Viel Historie und weitere Histörchen sorgten für einen amüsanten Nachmittag, bevor man anlässlich des Patronatsfestes zur Messe in die Kapelle schritt.

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