Kommentar zur geplanten Abschiebung eines Flüchtlings in Wachtberg Ein Notkonstrukt

Meinung | Wachtberg · Zugegeben, der Fall des Flüchtlings Abusco Seider aus Wachtberg ist eines unter vielen Flüchtlingsschicksalen derzeit in der Region, gleichwohl eines, bei dem Segen und Fluch deutscher Asylgesetzgebung wie unter einem Brennglas sichtbar werden.

 Abusco Seider aus Ghana, der in der Berkumer Marktscheune arbeitet - hier in der Backstube mit Bäckermeister Rudi Krahl -, soll abgeschoben werden.

Abusco Seider aus Ghana, der in der Berkumer Marktscheune arbeitet - hier in der Backstube mit Bäckermeister Rudi Krahl -, soll abgeschoben werden.

Foto: Axel Vogel

Zunächst einmal hatte der Mann aus Ghana, der eigentlich ohne Bleibechance war, von seinem guten Recht Gebrauch gemacht und einen Asylantrag gestellt, damit er nicht nach Italien abgeschoben wurde.

Denn Abusco Seider will unbedingt hierbleiben. Dafür hat er in den letzten Jahren auch einiges in seiner neuen Heimat Wachtberg getan, um dort auf eigenen Füßen stehen zu können.

Doch nun trifft Seider mit Macht das, woran das deutsche Asylsystem krankt: an den oft immer noch viel zu langen Bearbeitungszeiten der Anträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Denn erst rund anderthalb Jahre, nachdem der Mann den Asylantrag gestellt hat, steht per Gerichtsentscheidung fest: Er bekommt keines und muss ausreisen.

Es fehlt ein Einwanderungsgesetz

In seinem Fall könnte das bedeuten: Zehn Jahre nachdem Abusco seine Heimat verlassen hat, soll er nun wieder zurück nach Ghana. Und das, obwohl ihn auch ein Arbeitgeber nur höchst ungern ziehen lassen würde, weil er schwer Ersatz finden würde.

Und hier wird die nächste Schwachstelle im System augenfällig: Es fehlt ein von Fachleuten immer wieder gefordertes Einwanderungsgesetz, das vor allem deutschen Betrieben helfen würde, lang gesuchte Mitarbeiter etwa in Gestalt von Wirtschaftsflüchtlingen problemlos einstellen zu können.

So hilft in solchen, unter humanitären Gesichtspunkten zutiefst traurigen Fällen wie dem des Mannes aus Ghana bislang nur ein Notkonstrukt, um die Abschiebung abwenden zu können: das Anrufen der Härtefallkommission und das Hoffen auf eine Ausnahme im Einzelfall. Doch das kann bei über einer Million Flüchtlingen, die allein im vergangenen Jahr kamen, keine zukunftsweisende Lösung sein. Weitere Fälle wie der von Abusco Seider sind vorprogrammiert.

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