Ein Ort für jeden "Ein überdimensionaler Spielplatz"

Züllighoven · GA-Ortsteilserie - Alt- trifft Neubürger: Egal ob Kapelle, Dorfsaal oder Wegekreuz: In Züllighoven packt jeder mit an. Wer mitbekommt, wie Alois Hochgürtel und Frank Schäfer von "ihrem" Züllighoven schwärmen, möchte am liebsten seine Sachen packen und in den Wachtberger Ortsteil ziehen

"Es ist ein Mikrokosmos. Es ist alles da, und es gibt ein tolles Miteinander", sagt "Neu-Züllighovener" Schäfer, der 2002 mit seiner Familie dorthin gezogen ist.

Die Altersstruktur, die zahlreichen Kinder sind es, was Hochgürtel vor allem an seinem Heimatort schätzt: "Züllighoven ist ein überdimensionaler Spielplatz. Die Kinder spielen im ganzen Dorf - nur nicht auf dem Spielplatz", sagt Hochgürtel, der 1956 auf dem elterlichen Hof geboren wurde - neben der Kneipe, die sich ebenfalls in dem Gebäude befand.

Doch das ist noch nicht alles, was den kleinen Ort nahe der rheinland-pfälzischen Grenze ausmacht. "Bezeichnend ist, dass alles, was für die Allgemeinheit da ist, vom Ort gemacht wurde", sagt Hochgürtel. Das gilt zum Beispiel für die Kapelle, die vor 33 Jahren eingeweiht wurde. Fast 100 Jahre dauerte es bis zur Fertigstellung. Nicht nur, dass Kriege und Inflation den Bau verzögerten. Seitens der Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde Sankt Maria Rosenkranzkönigin schien das Interesse an der Kapelle eher gering. Doch die Züllighovener ließen sich nicht abbringen, spielten Theater, sammelten Spenden, packten mit an - und erreichten mit Hilfe von Pfarrer Heinrich Steden ihr Ziel.

Das gleiche gilt für den Züllighovener Treff, der Dorfsaal in Sichtweite der Kapelle. Rund 140 000 Mark steuerte die Gemeinde bei, das Budget wurde nicht überschritten. Nach Feierabend packten die Züllighovener mit an, 1996 wurde Richtfest für das rund 100 Besucher fassende Gebäude gefeiert.

Auch für den kleinen Bolzplatz, an dem sich der alte Brunnen befindet, zeichnen die Anlieger verantwortlich. Das Grundstück wurde hergerichtet, Hochgürtel besorgte die Tore von der Stadt Bonn. Die Pflege hat - wie sollte es anders sein - ein Züllighovener übernommen. Den Bolzplatz gibt es seit 15 Jahren, doch schon früher wurde das Grundstück genutzt. "Wir haben uns da früher getroffen und uns Trommeln und Querflöte beigebracht. Der eine hat beim anderen abgeguckt", sagt Hochgürtel und meint die Mitglieder des Tambourcorps Edelweiß Züllighoven.

In Sachen Eigenleistung darf das Wegekreuz nicht vergessen werden, das auf einer Verkehrsinsel in der Nähe der Straße Am Spritzenhäuschen, am Ortsausgang, steht. "Hier standen alte Linden, die waren richtig groß", sagt der 47-jährige Schäfer. "Die haben wir in Eigenleistung gefällt. Das Geld, was uns für die Fällung zur Verfügung gestellt wurde, haben wir dann genutzt, um das Kreuz zu versetzen, das vorher vorne an der Ecke stand", ergänzt Hochgürtel. Das nächste Projekt steht übrigens auch schon an: Die Bushaltestelle direkt hinter dem Kreuz soll verschönert werden.

Vom Spritzenhäuschen stehen noch die Grundmauern, aber niemand weiß, wo die alte Spritze heute ist, so Schäfer. "Früher stand sie beim Brandmeister", ergänzt Hochgürtel. Häufig war sie aber anscheinend ohnehin nicht in Betrieb: Als der Oberbrandmeister die Spritze inspizieren wollte, saß eine Glucke darauf. Die war und ist übrigens nicht das einzige Tier in Züllighoven. Man kommt an Ziegen und Gänsen vorbei oder begegnet Esel Bruno, der sonst auf Hochgürtels Bio-Hof lebt. "Manchmal haut er ab und sucht die Pferde, die wir verkauft haben." Zu verbessern gibt es nicht viel, sind sich Schäfer und Hochgürtel einig - auch wenn es kaum noch alte Fachwerkhäuser im Dorf gibt. Nicht nur, dass man eine tolle Aussicht hat und von Zülllighoven aus "die besten Sonnenuntergänge in Wachtberg sieht".

Die Integration der Neubürger funktioniert ("wenn man selbst etwas tut", so Schäfer), die Nachbarschaft ist gut, und bald ist auch das Internet schnell. Eigentlich gibt es also keinen Grund, nicht nach Züllighoven zu ziehen. Davon werden Hochgürtel und Schäfer wohl jeden in Sekundenschnelle überzeugen. Auch wenn sie eigentlich möchten, das der Ort ein Geheimtipp bleibt.

Alt- oder Neubürger, die Lust haben, ihren Ort vorzustellen, oder auf eine Besonderheit in ihrem Umfeld hinweisen möchten, können sich unter [sym_tel] 0228/35 05 240 oder per E-Mail an godesberg@ga.de melden.

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