Brennfest in Adendorf Der Kasseler Langofen und die traditionelle Töpferkunst

ADENDORF · Zu Beginn des Brennfestes in Adendorf am Samstagnachmittag qualmten die Abzüge des Prunkstücks bereits kräftig: Seit Freitagabend befeuerten die Mitglieder des Vereins Adendorfer Gewerbetreibende (VAG) um ihren Vorsitzenden Peter Hansen den Nachbau des legendären "Kasseler Langofens" auf dem Dorfplatz mit Buchenscheiten.

 Brennfest in Adendorf: Josef Ohrem befeuert den nachgebauten Kassler Langofen auf dem Dorfplatz

Brennfest in Adendorf: Josef Ohrem befeuert den nachgebauten Kassler Langofen auf dem Dorfplatz

Foto: Axel Vogel

Und immer noch legte Josef Ohrem ein ums andere Mal nach. Denn die benötigte Temperatur hatte der Ofen, dessen weitaus größere Originale vor einigen Jahrzehnten noch in vielen Töpfereien des Ortes standen, noch lange nicht.

"Erst am Samstagabend, nach mehr als 40 Stunden Befeuerung, erreichte der Ofen im Inneren 1200 Grad", erklärte Vorsitzender Hansen. "Genau die richtige Temperatur zum Salzen des Steinzeugs."

Das abendliche "Salzen", bei dem die Flammen wieder hoch aus dem Ofen schlugen, war nicht nur der stimmungsvolle Höhepunkt des Brennfestes. Zudem gewährte der VAG auch noch manch andere Einblicke in das beherrschende Handwerk des Ortes und die Töpferspezialitäten "Made in Adendorf".

Ob Einmachgläser, Weinkrüge oder Sauerkrauttöpfe - seit dem 17. Jahrhundert hatte Adendorf einen echten "Exportschlager" zu bieten: Steinzeugkeramik, die im Holzbrandofen wie dem Kasseler Langofen mit einer Salzglasierung veredelt wurde, erklärte Peter Hansen. Wie sein Bruder Thomas lebt der Töpfermeister noch heute von dem Handwerk.

Der Clou dabei ist: Wird das Salz bei 1200 Grad von oben in den Ofen gegeben, verdampft es darin und überzieht das Steinzeug im Inneren mit der begehrten klassischen Adendorfer Salzglasur. Warum das gebrannte Steinzeug reißenden Absatz fand, konnte Hansen recht schnell erklären:

"Durch die Glasierung wurden die Gefäße säurebeständig, was bei der Bevorratung ein großer Vorteil war." So konnten beispielsweise Lebensmittel wie Obst, Bohnen oder Sauerkraut, aber auch Fleisch lange in den Gefäßen aufbewahrt und haltbar gemacht werden.

Das Wissen um das Salzen war einst aus Siegburg und Frechen ins Ländchen gekommen, drückte dann aber auch schnell dem Wachtberger Ort seinen Stempel auf. Knapp 50 Töpferfamilien lebten in Adendorf, und viele Betriebe verfügten über einen Kasseler Langofen.

Wie der 79 Jahre alte Töpfermeister Joachim Hansen, der Vater der Brüder Peter (48) und Thomas (45). Dafür war vor allem Platz nötig. Bis zu zwölf Meter maßen die Öfen, die im Inneren bis zu 40 Kubikmeter Platz für Steinzeug boten, wusste Thomas Hansen zu berichten. Das gesamte Steinzeug zu glasieren war schwere Arbeit: "Zwei bis drei Tage wurde gebrannt", so Hansen Junior: "und eine Woche lang mussten die Schamottesteine auskühlen".

Kein Wunder, dass man auch mit Blick auf die großen Holzvorräte, die dabei verfeuert wurden, einen solchen Ofen nur fünf bis sechs Mal im Jahr anschmeißen konnte. Allein beim Heizen des Nachbaus während des Brennfestes rechnete Hansen mit sechs Kubikmeter Holz, die verfeuert wurden.

Heute übernehmen das Brennen in Hansens Betrieb moderne und flexibel einsetzbare Gas- und Elektroöfen: Denn glasiertes Steinzeug findet immer noch seine Abnehmer, wenn sich auch die Ware geändert hat. So brennt Thomas Hansen inzwischen für einen namhaften Produzenten Senftöpfchen.

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