Streit um historische Bepflanzung Alte Hecke am Rodderberg ist schwer lädiert

Niederbachem · Eine Hecke entlang der Römerstraße auf dem Rodderberg ist an einigen Stellen beschädigt worden und weist nun erhebliche Lücken auf. Sie liegt direkt neben einem Feld.

 Im Februar besichtigte Naturschutzexperte Peter Pretscher die lädierte Hecke, als sie noch nicht begrünt war.

Im Februar besichtigte Naturschutzexperte Peter Pretscher die lädierte Hecke, als sie noch nicht begrünt war.

Foto: Axel Vogel

Inzwischen hat der Rhein-Sieg-Kreis, der für den Naturschutz in der Gemeinde zuständig ist, gehandelt. „Uns ist der Fall bekannt“, erklärte Antonius Nolden, Mitarbeiter der Pressestelle des Kreises: „Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren ist bereits eingeleitet wegen des illegalen Beseitigens von Hecken im Landschaftsschutzgebiet.“

Es richtet sich gegen einen Niederbachemer Landwirt, der dort Felder bewirtschaftet. Der Landwirt bestritt gegenüber dem GA, dass er die Schäden verursacht habe. Er habe in einem Fall lediglich Zweige beseitigt und vermutet, dass zuvor ein Lkw in die Hecke gefahren war. An einer anderen Stelle sei eine Lücke durch einen Sturm entstanden, sagte der Mann, der nicht namentlich genannt werden möchte.

Anlieger und Niederbachemer hatten den Verdacht geäußert, der Landwirt sei mit schwerem Gerät in die Hecke gefahren. Sie sammelten 50 Unterschriften zum Erhalt der Hecke und leiteten die Petition an die Gemeinde wie auch den Rhein-Sieg-Kreis weiter.

Pflanzung aus dem 19. Jahrhundert

Die Bürger hatten auch Peter Pretscher hinzugezogen und um eine Bewertung gebeten. Der promovierte Biologe aus Königswinter hat lange Zeit für das Bundesamt für Naturschutz in Bonn gearbeitet. Auf Einladung der Niederbachemer, die sich schon geraume Zeit um den Zustand der Hecke sorgen, war er im Februar vor Ort. Bei der Hecke handele es sich laut Peter Pretscher um eine Pflanzung aus dem 19. Jahrhundert.

Seiner Expertise zufolge handle es sich um Steckhölzer, „zum Beispiel von verschiedenen Wildpflaumenarten unter anderem aus Frankreich und Belgien“. Diese seien für Veredlungen in den Obstbaugebieten um Oberpleis, Wachtberg, Vorgebirge und Meckenheim genutzt worden. „Die vornehmlich aus Wurzelbrut und Ausläufern von verschiedenen Wildobstarten zusammengesetzten Hecken aus Zwetsche, Kirschpflaume und Pissards-Pflaume, Mirabelle, Hafer-Pflaume haben für diese ehemals durch Obstbau geprägte Region eine kulturhistorische Bedeutung“, betont Experte Pretscher, der recht fassungslos über den Zustand der Hecke war.

Wichtig für seltenen Schmetterling

Zumal aus Naturschutzsicht bedeutsam sei, „dass der ein mediterranes Klima bevorzugende stark gefährdete und streng geschützte Segelfalter-Schmetterling, der nach etwa 80 Jahren sein Verbreitungsgebiet bis zum Rodderberg ausgeweitet hat und 100 Meter von der Hecke entfernt, an einer großen Felsenkirsche oberhalb des Schlackenhangs, Eier abgelegt hat“. Die Windkuppe diene dem Segelfalter und dem ebenfalls zu den Ritterfaltern gehörenden Schwalbenschwanz zur sogenannten Gipfelbalz: „Dort treffen sich an sonnigen Tagen bis zu 15 Schwalbenschwanz-Paare von Ende Mai bis Mitte Juni und die zweite Generation von Mitte Juli bis August zum Rendezvous.“ Die Wildpflaumenarten, Schlehdorn und Felsenkirsche würden eben dem Segelfalter als Raupennahrung und beiden Schmetterlingen sowie Kleinem Fuchs, Admiral, Tagpfauenauge, Zitronenfalter, Weißlingen und etlichen Honig- und Wildbienen auch als Saugnahrung dienen“, führt er aus. Für etwa hundert weitere Falterarten bieten Wildrosen, Brombeeren und Stieleichen und Salweide eine Raupennahrung. Kleinsäuger wie der Gartenschläfer und etliche Vogelarten schätzen laut Peter Pretscher „Beerennahrung und Nistplätze“.

Des Weiteren fänden Zauneidechse und Mäuse im Gestrüpp einen Unterschlupf. Der begleitende Wegrand mit zahlreichen Kräutern beherberge „ebenfalls eine reiche Kleintierfauna“. Darum fordert er: „Der Heckensaum sollte unbedingt erhalten werden.“

Auch eine 57 Jahre alte Niederbacherim, die zu den Initiatorinnen der Unterschriftenliste gehörte, unterstreicht: „Alte Kulturbiotope verschwinden immer mehr durch die extensive, industrielle Landwirtschaft.“ Dabei würde der Erhalt solcher Kleinbiotope zu einer qualitativen Verbesserung der Agrarlandschaft führen.

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