Wachtberger Friedensstifter „Auch kleine Veränderungen vorab dem Nachbarn mitteilen“

WACHTBERG-LIEßEM · Ernst Wendland schlichtet als stellvertretender Schiedsmann in Wachtberg Streitigkeiten. Manchmal können gepflanzte Büsche jahrzehntelange Beziehungen stören.

 Ernst Wendland ist stellvertretender Schiedsmann in Wachtberg.

Ernst Wendland ist stellvertretender Schiedsmann in Wachtberg.

Foto: Leif Kubik

Für jede Schiedsperson ist ein Stellvertreter zu bestellen. Das steht in Paragraf 11 des nordrhein-westfälischen Schiedsamtsgesetzes. Dabei spielt es vom Grundsatz her keine Rolle, ob die jeweilige Schiedsperson einen explizit als solchen gewählten Stellvertreter hat oder ob die Vertretung seitens der Gemeinde im Rahmen einer so genannten Ringvertretung festgelegt wird, bei der sich die Schiedspersonen der einzelnen Teilschiedsamtsbezirke gegenseitig vertreten.

Die Gemeinde Wachtberg hat sich für die erste Version entschieden, und Ernst Wendland ist seit sechs Jahren stellvertretender Schiedsmann im Bezirk Wachtberg I, der neben Ließem auch die Ortsteile Pech, Villip, Villiprott, Adendorf, Arzdorf, Fritzdorf und Holzem umfasst.

„Warum sollten Sie uns trennen“?, hatten Wendland und sein „Chef“ Stefan Hagen den Gemeinderat im vergangenen Jahr gefragt, als die Wiederwahl aller Schiedspersonen anstand: Der Schiedsmann und sein Stellvertreter waren ein eingespieltes Team und da der Rat offenkundig keine Einwände hatte, wählte er kurzerhand beide Streitschlichter wieder.

"Deine Ziegen stinken"

Nichtsdestotrotz gibt es seit vorigem Jahr nur noch zwei anstelle der zuvor vier Teilschiedsamtsbezirke: Offenbar sind die Wachtberger zum Glück nicht so streitlustig, als dass es sich weiterhin gelohnt hätte, insgesamt acht Schiedspersonen zu ernennen, und so hat sich Hagens und Wendlands Bezirk flächenmäßig fast verdoppelt.

„Von einer Mehrbelastung ist aber noch nicht wirklich etwas zu spüren“, sagt Wendland: „Seit ich angefangen habe, habe ich so knapp 15 Fälle betreut, also circa zwei bis drei pro Jahr.“ Teurer kommt es die Gemeinde übrigens nicht, dass sie sich pro Bezirk gleich zwei Schiedspersonen leistet: „Wir rechnen ja nur unseren Aufwand ab, und da spielt es keine Rolle, wer von uns beiden den verursacht“, so Wendland. Das Positive sei, dass man viel entspannter mit den einzelnen Fällen umgehen könne, wenn man wisse, dass man sich bei einem der nächsten Fälle ja problemlos von einem Kollegen vertreten lassen könne, mit dem man sich gut verträgt.

Plötzlich ist alles anders

Gut vertragen haben sich auch viele von Wendlands „Kunden“ – oft sogar jahrzehntelang: „Und dann ist oft plötzlich alles anders“, erzählt er: So, wie bei den beiden Damen, die auf zwei aneinandergrenzenden Weiden seit vielen Jahren auf der einen Seite Ziegen und auf der andern kleine Pferde hielten.

„Die haben sich quasi von einem auf den nächsten Tag zerstritten – über einen für Außenstehende nichtig wirkenden Anlass: „Die Weiden waren nur durch einen Zaun getrennt, und die Ziegenbesitzerin hat eines Tages kleine Büsche an die Grundstücksgrenze gesetzt“, erinnert er sich an den Fall. „Darüber entbrannte dann ein Streit, der von “Deine Pferde fressen meine Büsche„ bis zu „Deine Ziegen stinken„ reichte“, so Wendland mit einem Lächeln.

Das sei typisch für viele Streitigkeiten: „Man lebt nebeneinander her, und wenn eine Partei plötzlich eine an sich harmlose Änderung durchführt, kann das ganz schnell zu Streit führen. Die beiden Damen haben sich seinerzeit dank Wendlands Vermittlung wieder vertragen. Der ehemalige Personaloffizier der Bundeswehr rät allen Nachbarn, auch kleinere Veränderungen des Status Quo in einem nachbarschaftlichen Gespräch vorab anzukündigen: „Dann fühlt sich mein Gegenüber nicht überfallen, und viele Streitereien lassen sich im Vorfeld vermeiden.“

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