Beikircher in Morenhoven Ziemlich beste Freunde – eigentlich

Swisttal-Morenhoven · Konrad Beikircher liest im ausverkauften Kreaforum Giovannino Guareschis Episoden von Don Camillo und Peppone. Ein veritables Vergnügen, wie er den Kontrahenten unterschiedliche Stimmen gibt und dem „Herrgöttchen“ am Altar noch eine dazu.

 Konrad Beikircher liest – nein lebt – Geschichten des Gottesmanns Don Camillo und des Kommunisten Peppone.

Konrad Beikircher liest – nein lebt – Geschichten des Gottesmanns Don Camillo und des Kommunisten Peppone.

Foto: Axel Vogel

Feinde sind sie nur pro forma: Als Priester und Garant von Recht und Ordnung auf Erden einerseits und als kommunistischer Bürgermeister andererseits müssen sie das wohl sein. „Aber eigentlich haben Don Camillo und Peppone doch im Innern viel zu viel gemeinsam, um nicht Freunde zu sein“, so Konrad Beikircher mit leichtem Augenzwinkern, seine Stimme dabei großzügig, nachsichtig, nahezu liebevoll. Eine Freundschaft wider Willen sozusagen, deren Schlagabtausch sich nicht unbedingt auf Worte beschränken muss.

Kurzum: Die Zuhörer im – trotz tropischer Temperaturen restlos ausverkauften – Kreaforum sollen es erfahren: Beikircher und die beiden Dickschädel, das ist eine lange Geschichte. Sie reicht zurück bis in die Kindheit des in Südtirol geborenen und aufgewachsenen Kabarettisten, Autors und Musikers. Giovannino Guareschis Erzählungen vom streitbaren Gottesmann und dem hitzköpfigen Patron las Beikirchers Vater seinen Söhnen direkt aus dem italienischen Satiremagazin vor, in dem sie seinerzeit abgeduckt wurden.

Und dass das damals Liebe auf den ersten „Blick“ gewesen sein muss, dass kann – nein, das soll man Konrad Beikircher anhören. Ein veritables Vergnügen, wie er den Kontrahenten unterschiedliche Stimmen gibt und dem „Herrgöttchen“ am Altar noch eine dazu. Die Hände sind dazu permanent „im Fluss“: Das ist dem Italiener im überzeugten Bonner zuzuschreiben.

Mit Gusto und Verve und vor allem ohne die – klerikal und weltpolitisch betrachtet – nicht unbedingt epochemachenden Episoden aus dem fiktiven Dorf Boscaccio in der norditalienischen Po-Ebene deshalb etwa kleinreden zu wollen, lässt Beikirchers sonores Organ einen ganzen Film vor Augen ablaufen. Für diejenigen, die sich an die zwischen 1952 und 1965 mit Fernandel (Don Camillo) und Gino Cervi (Peppone) gedrehten Filme noch gut erinnern können – und für die, die am Mittwoch, 3., 10. und 17. August, Gelegenheit bekommen, das Verpasste im Kreaforum in Morenhoven beim Ferien-Film-Festivals nachzuholen (je 20 Uhr, Eintritt drei Euro). Das hier nun ist im Grunde weniger eine Lesung als ein Ausflug in Guareschis Welt – ins ländliche Leben der Nachkriegszeit. Der Autor hat viel mehr als zwei wunderbare Originale hinterlassen. Don Camillo und Peppone bewegen sich zwischen tradierten Werten und gesellschaftlichem Aufbruch; ein aufrichtig gemeinter Versuch, die Schrecken des Faschismus vergessen zu machen. Wohlgemerkt, ein Versuch: Wir sind hier schließlich in Italien

Und die „Filmmusik“ an diesem Abend? Die Leitlinien stammen von Beikircher. Und Akkordeonist Martin Wagner hat sie um seine Improvisationen so kongenial ergänzt, dass Vergleiche mit den Stücken des Filmkomponisten Ludovico Einaudi („Ziemlich beste Freunde“) hier erlaubt seien. Dass das Publikum Don Camillo und Peppone bis kurz vor elf die Treue hält, spricht für sich: subtropisch, launig und kurzweilig.

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