Verein Sea Eye aus Swisttal Rechtsanwalt aus Swisttal hilft Flüchtlingen im Mittelmeer

Swisttal · Der Verein Sea Eye rettete mit seinem gleichnamigen umgebauten, alten Fischkutter bisher 1507 Menschen aus Seenot. Die Aufgabe der Besatzung aus ehrenamtlichen Helfern besteht im Aufspüren von Schiffsbrüchigen.

Rechtsanwalt Sebastian Frings-Neß aus Swisttal-Morenhoven ist ein zierlicher Mann mit freundlichen blauen Augen. Gekleidet mit einem weißen Hemd sitzt er im Biergarten am Alten Zoll und erzählt von seinem Aufenthalt auf der „Sea Eye“, einem alten Schiffskutter, der auf dem Mittelmeer unterwegs ist, um schiffbrüchige Flüchtlinge auf ihrer gefährlichen Flucht nach Europa zu retten.

Er erzählt von meterhohen Wellen, davon, dass das Schiff sich um jede mögliche Achse dreht: „Das ist wie auf der Kirmes. Nur dass es drei Tage lang nicht aufhört“, sagt er. Bei Windstärke acht bis zehn musste er sich durchgehend irgendwo festhalten, weil er sonst durch die engen Schiffsräume katapultiert worden wäre. „Wenn da einer an Deck geht, geht er sofort über Bord. Und da macht es auch keinen Sinn, denjenigen noch zu suchen“, erzählt er weiter.

Schon lange engagiert sich Frings-Neß in der Flüchtlingshilfe, war nach dem Studium als Backpacker in Syrien. Zusammen mit sieben anderen Freiwilligen war er dabei, als die „Sea Eye“ von ihrer Werft in Rostock nach Malta in ihren Haupthafen überführt wurde. Die „Sea Eye“ gehört dem gleichnamigen Verein, der von Michael Buschheuer gegründet wurde. Er hat das hochseetaugliche Schiff erworben und für den Zweck der Seenotrettung umrüsten lassen. Nachdem die Operation „Mare Nostrum“ der italienischen Marine und Küstenwache zur Seenotrettung von Flüchtlingen eingestellt worden war, war klar, dass eine riesige Lücke in der Seenotrettung entstehen würde. „Eine Zeit lang habe ich mit mir gehadert, aber dann habe ich es einfach gemacht“, erklärt Buschheuer, der hauptberuflich in einem Rostschutzbetrieb arbeitet.

Von der Überführung des Schiffs im März bis zum Ende dieses Jahres soll es 14 Fahrten geben, bei denen das Mittelmeer zwischen Libyen und Sizilien in Planquadraten systematisch nach in Seenot geratenen Flüchtlingsbooten abgesucht wird. „Wir arbeiten mit den Schiffen der Nato und anderen ehrenamtlichen Organisationen wie Sea Watch zusammen. Das Gebiet wird aufgeteilt, damit nicht alle an derselben Stelle suchen“, so Frings-Neß. Laut Buschheuer geht dieses System auf: „Wir arbeiten mit sehr Effizienz und konnten so bisher 1507 Menschen retten.“

Das liege auch an den enorm engagierten Ehrenamtlichen. Der ehemalige Unfallchirurg und Chefarzt Tilman Mischowsky aus Kempten war mit Frings-Neß gemeinsam an Bord und hat dort einen kleinen Notoperationssaal eingerichtet – finanziert aus eigener Tasche. „Dort können offene Frakturen, Reanimationen, Beatmung und sogar Geburtshilfen durchgeführt werden“, berichtet er. Neben Dehydrierung seien das die häufigsten Notfälle bei den Flüchtlingen, so Mischowsky.

Die Aufgabe der „Sea Eye“ sei aber hauptsächlich das Aufspüren der Schiffbrüchigen: „Wir versorgen die Menschen mit Sonnenschutz und Rettungswesten und geben einen Funkspruch ab, damit größere Schiffe kommen und die Leute einsammeln. Dazu ist unser Schiff zu klein“, erklärt Frings-Neß. Die psychische Belastung sei groß, daher seien die Crews immer nur zwei Wochen lang im Einsatz. „Mit mehr Glück als Verstand haben wir bisher aber weder Tote noch Schwerverletzte aus dem Meer geholt. Die Sterberate ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen“, bedauerte Buschheuer.

„Es wäre schade, wenn unsere Arbeit aus Geldmangel zurückgeschraubt werden müsste. Bisher haben wir erst rund 45 Prozent der Kosten für 2016 gedeckt“, schloss er. Noch immer braucht der Verein Freiwillige und Spenden.

Weitere Informationen unter www.sea-eye.org.

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