Angeklagter aus Swisttal Nachhilfelehrer missbrauchte Zwölfjährigen

Bonn/Swisttal · Das Bonner Landgericht hat einen 68-Jährigen wegen Missbrauchs eines zwölfjährigen Jungen verurteilt. Der Täter legte vor Gericht ein Geständnis ab. Der Richter empfiehlt dem Verurteilten, während der Haft eine Therapie zu machen.

Kurz bevor die Richter am Mittwoch den Saal S 0.14 des Bonner Landgerichts betraten, blickte der Angeklagte kurz zu seiner Frau, die im Zuschauerraum saß. Sie nickte ihm aufmunternd zu. Er schien den Trost zu brauchen, denn der bisher unbescholtene 68-Jährige hat sich eines Verbrechens schuldig gemacht. Die 2. Große Jugendkammer verurteilte ihn gestern wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu drei Jahren Haft. Keine Regung in seinem grauen Gesicht verriet, wie der Mann das Urteil aufgenommen hatte.

Der Hausmeister und Dolmetscher für Arabisch, geboren in Bethlehem, hat den zwölfjährigen Sohn einer befreundeten Familie, die 2015 aus dem Bürgerkriegsland Syrien nach Deutschland geflüchtet war, im Jahre 2017 während des Nachhilfeunterrichts in seinen privaten Räumen sexuell bedrängt, die Übergriffe wurden dabei immer massiver. Jedes Mal, wenn seine Frau auf Reisen oder außer Haus war, nutzte er die Gelegenheit aus, um sich an dem Kind zu vergehen.

Der Fall flog am Neujahrstag 2018 – dem 13. Geburtstag des Jungen – auf: Der Vater hatte seinen Sohn mit traditionellen Speisen seiner Heimat zu dem Angeklagten geschickt, um sich bei dem 68-Jährigen für die Hilfe bei der Eingliederung in die Gemeinde zu bedanken. Doch der hoch angesehene 68-Jährige zwang das Kind erneut zu sexuellen Handlungen. Als der Vater später seinen Sohn fragte, warum er so lange weggeblieben sei, erzählte der unter Tränen, was vorgefallen ist.

Strafe fiel "wirklich milde" aus

Der 43-Jährige war so erschüttert über die Taten, dass er alles zunächst nicht glauben wollte und einen Nachbarn bat, mit dem Jungen zu reden. Der damals knapp 13-Jährige wiederholte seine Geschichte, sodass die Familie schließlich Anfang Januar zur Polizei ging. Der Angeklagte schickte danach mehrere WhatsApp-Botschaften an den Vater, in denen er sich entschuldigte und von „unendlicher Reue“ schrieb.

Dennoch hat der schwer kranke Angeklagte, der von 800 Euro Rente und Grundsicherung lebt, erst im Laufe des Prozesses unter der Last der Beweise und nach der Vorführung der polizeilichen Videovernehmung des Opfers ein Geständnis abgelegt. Offenbar hat auch die Ehefrau ihren Mann bewegen können, sich den Taten zu stellen.

Die Strafe fiel mit drei Jahren „wirklich milde“ aus, sagte Vorsitzender Richter Wolfgang Schmitz-Justen in der Urteilsbegründung. Bei schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes ist eine Mindeststrafe von zwei Jahren vorgesehen.

Das Gericht berücksichtigte jedoch das Geständnis und auch die Erkrankung des 68-Jährigen, die meiste Zeit seiner Untersuchungshaft lag er mit Herzproblemen und nach einem Nierenversagen im Gefängniskrankenhaus. Das Gericht riet dem Angeklagten, sich während seiner Haftzeit einer Therapie zu unterziehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort