Vor 30 Jahren in Swisttal Massenkarambolage im Nebel

SWISTTAL · Im Januar 1985 rasen auf der A 61 bei Miel innerhalb weniger Minuten mehr als 150 Autos ineinander. 13 Menschen verlieren ihr Leben, 50 werden verletzt.

Es ist etwa 15 Uhr, als sich am 11. Januar 1985 auf der Autobahn 61 zwischen Weilerswist und Rheinbach plötzlich eine dichte Nebelwand bildet. Wie der General-Anzeiger damals berichtet, sind die Nebelbänke bis zu vier Meter hoch. Ein Umfahren ist ausgeschlossen, die Sicht beträgt 20 Meter und weniger. Innerhalb weniger Minuten entsteht eine Massenkarambolage. Mehr als 150 Autos rasen an drei verschiedenen Unfallstellen ineinander. Als die Feuerwehr innerhalb kürzester Zeit eintrifft, brennen bereits mehrere Autos lichterloh, Blechmassen haben sich ineinander verkeilt, Menschen rennen in Panik schreiend durch den Nebel.

Es war ein Freitag vor 30 Jahren, als sich das Nebelchaos von Swisttal-Miel auf einem zwölf Kilometer langen Teilstück der A 61 ereignete. Bei den Unfällen starben 13 Menschen, etwa 50 Beteiligte wurden verletzt. Zeugen berichteten von einem "Schlachtfeld" und der "reinsten Hölle". Das grauenhafte Geschehen ereignete sich innerhalb von nur zehn Minuten, kurz zuvor hatte der Streckenabschnitt noch im strahlenden Sonnenschein gelegen. Der Sachschaden betrug damals mehrere Millionen Mark.

Vermutlich wurden die Auffahrunfälle von Fahrern ausgelöst, die ruckartig auf die Bremse traten, weil sie durch den dichten Nebel erschreckt worden waren. Nachfolgende Autofahrer konnten aufgrund der schlechten Sicht nicht mehr schnell genug reagieren und rasten in die langsameren Fahrzeuge vor ihnen. "Es war, als ob einem plötzlich eine Milchglasscheibe vors Gesicht gezogen wird", sagte der damalige Polizeihauptkommissar, Dieter Zeller, über die plötzliche Nebelbildung.

Einige der Autofahrer konnten sich retten, indem sie ihre Wagen in letzter Sekunde auf der Böschung zum Stehen brachten. Über mehrere Stunden waren beide Fahrtrichtungen der linksrheinischen Autobahn vollständig gesperrt, lange Staus von zehn Kilometern Länge und mehr vervollständigten das Verkehrschaos. Die Polizei alarmierte alle umliegenden Rettungsorganisationen und löste anschließend Katastrophenalarm aus. Bis zum späten Abend waren mehrere hundert Beamte der Polizei, des Bundesgrenzschutzes und der Feuerwehr an der Unfallstelle im Einsatz.

Ein Dutzend Notärzte half den Verletzten vor Ort. Auch die Bewohner der umliegenden Dörfer bemühten sich, den Unfallopfern beizustehen. Da es nachts bis zu minus 16 Grad kalt wurde, brachten sie Decken, Kaffee, Tee und heiße Suppen für die Wartenden und Leichtverletzten an die Unfallstelle.

Die Rettungsarbeiten wurden durch die dichten Nebelbänke und die bald darauf einsetzende Dunkelheit erschwert. Zu allem Übel bildete sich auch noch Glatteis, was die Fahrzeuge der Feuerwehr und den Rettungswagen zusätzlich behinderte. Rettungshubschrauber wurden durch den Nebel ebenfalls erheblich behindert, sofern sie überhaupt zum Einsatz kommen konnten. Etliche Trümmerteile lagen noch in der Nacht über den betroffenen Streckenabschnitt der A 61 verstreut.

Erst am Samstagmorgen war die Fahrbahn wieder in beide Richtungen befahrbar. Es hatte Stunden gedauert, die Unfallfahrzeuge abzutransportieren und den bereits gefrorenen Löschschaum der Feuerwehr zu beseitigen. Die Verkehrskatastrophe auf der Autobahn 61 von 1985 war die schwerste ihrer Art im Rheinland.

"Man darf das nicht an sich ran lassen"

Balthasar Schumacher (heute 73 Jahre) war 1985 Gemeindebrandmeister von Swisttal. Er leitete den Einsatz der Feuerwehr auf der A 61. Mit ihm sprach Hans-Peter Fuß.

Welches Bild bot sich Ihnen am Unfallort?
Balthasar Schumacher: Bis Miel hat man die eingeklemmten Leute schreien gehört. Auf der Autobahn bin ich 100 Meter an zerstörten Autos und Lastwagen vorbeigelaufen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Dabei musste ich auch über brennende Autos klettern, um zu sehen, ob noch jemand drin war.

Wie sind Sie vorgegangen?
Schumacher: Zuerst musste gelöscht werden, dann konnten wir uns um die Verletzten kümmern.

Wie behält man angesichts der Toten und Verletzten um sich herum einen klaren Kopf?
Schumacher: Auch wenn sich das hart anhört: Man darf die Schicksale nicht an sich heranlassen. Man muss seine Arbeit tun. Wie ein Arzt. Jeder reagiert natürlich anders. Ich hatte zum Glück schon eine gewisse Routine.

Wie haben Sie das Geschehen damals verarbeitet?
Schumacher: Wir haben noch einige Zeit bei einem Bier zusammengesessen und uns über das Erlebte ausgetauscht. Notfallseelsorge für Rettungskräfte gab es damals ja noch nicht. Die Bilder sehe ich heute noch vor mir.

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